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Entschließung: Datenschutz braucht Landgerichte auch erstinstanzlich

Stand: 22. September 2020

Mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Effektivierung des Bußgeldverfahrens" (BR-Drs. 107/20 (B)) will der Bundesrat die erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte für Geldbußen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) über 100.000 Euro streichen. Selbst über Geldbußen in dieser Höhe sollen künftig die Amtsgerichte entscheiden.

Das Ziel der Effektivierung des Bußgeldverfahrens wird mit dem geplanten Gesetz jedoch nicht erreicht werden. Der Gesetzentwurf verkennt in eklatanter Weise die besondere wirtschaftliche, technische und rechtliche Komplexität von DSGVO-Geldbußen. Eine Streichung der landgerichtlichen Zuständigkeit würde die Amtsgerichte zudem nicht etwa entlasten, sondern noch stärker als bisher belasten.

Das Sanktionsrecht der DSGVO ist - anders als der Bundesrat unterstellt - mit der Sanktionierung herkömmlicher deutscher Ordnungswidrigkeiten wie etwa Geldbußen im Straßenverkehr in keiner Weise vergleichbar. Es geht hierbei nicht etwa um die Verfolgung von Bagatelldelikten, sondern um unionsweit höchst relevante Verfahren zum Schutz des freien Datenverkehrs und der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger. Dabei können teils Millionen von Kundendaten betroffen sein. Datenschutz-Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen über 100.000 Euro weisen wirtschaftlich und technisch eine besondere Komplexität auf und bedürfen daher einer Würdigung durch den Spruchkörper eines Kollegialgerichts. Sie sind viel eher mit Wirtschaftsstrafsachen vergleichbar, die ohnehin den Landgerichten zugewiesen sind. Nicht ohne Grund hat sich der europäische Gesetzgeber bei den Bußgeldvorschriften der DSGVO am Kartellrecht orientiert. Für ähnlich komplexe Ordnungswidrigkeiten in Kartellangelegenheiten ist in Deutschland sogar eine Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gegeben. Diese Wertung kommt auch in dem insoweit eindeutigen Wortlaut von § 41 Abs. 2 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zum Ausdruck, der eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren und damit auch eine Besetzung der Strafkammern als sog. große Bußgeldkammern entsprechend § 76 GVG vorsieht.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz) fordert daher die Beibehaltung der landgerichtlichen Zuständigkeit für DSGVO-Geldbußen über 100.000 Euro und warnt vor einer Streichung der Vorschrift und deren Folgen.

Stand: 22. September 2020

Mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Effektivierung des Bußgeldverfahrens" (BR-Drs. 107/20 (B)) will der Bundesrat die erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte für Geldbußen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) über 100.000 Euro streichen. Selbst über Geldbußen in dieser Höhe sollen künftig die Amtsgerichte entscheiden.

Das Ziel der Effektivierung des Bußgeldverfahrens wird mit dem geplanten Gesetz jedoch nicht erreicht werden. Der Gesetzentwurf verkennt in eklatanter Weise die besondere wirtschaftliche, technische und rechtliche Komplexität von DSGVO-Geldbußen. Eine Streichung der landgerichtlichen Zuständigkeit würde die Amtsgerichte zudem nicht etwa entlasten, sondern noch stärker als bisher belasten.

Das Sanktionsrecht der DSGVO ist - anders als der Bundesrat unterstellt - mit der Sanktionierung herkömmlicher deutscher Ordnungswidrigkeiten wie etwa Geldbußen im Straßenverkehr in keiner Weise vergleichbar. Es geht hierbei nicht etwa um die Verfolgung von Bagatelldelikten, sondern um unionsweit höchst relevante Verfahren zum Schutz des freien Datenverkehrs und der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger. Dabei können teils Millionen von Kundendaten betroffen sein. Datenschutz-Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen über 100.000 Euro weisen wirtschaftlich und technisch eine besondere Komplexität auf und bedürfen daher einer Würdigung durch den Spruchkörper eines Kollegialgerichts. Sie sind viel eher mit Wirtschaftsstrafsachen vergleichbar, die ohnehin den Landgerichten zugewiesen sind. Nicht ohne Grund hat sich der europäische Gesetzgeber bei den Bußgeldvorschriften der DSGVO am Kartellrecht orientiert. Für ähnlich komplexe Ordnungswidrigkeiten in Kartellangelegenheiten ist in Deutschland sogar eine Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gegeben. Diese Wertung kommt auch in dem insoweit eindeutigen Wortlaut von § 41 Abs. 2 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zum Ausdruck, der eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren und damit auch eine Besetzung der Strafkammern als sog. große Bußgeldkammern entsprechend § 76 GVG vorsieht.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz) fordert daher die Beibehaltung der landgerichtlichen Zuständigkeit für DSGVO-Geldbußen über 100.000 Euro und warnt vor einer Streichung der Vorschrift und deren Folgen.