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Automatische Kennzeichenfahndung: Datenschutzbeauftragte beanstandet mangelnde Unterstützung durch das Polizeipräsidium Brandenburg

- Erschienen am 20.08.2019 - Pressemitteilung 08/2019

Die brandenburgische Datenschutzbeauftragte hat heute gegenüber dem Polizeipräsidium des Landes Brandenburg eine Beanstandung ausgesprochen. Grund ist die mangelnde Unterstützung der Behörde im Rahmen einer datenschutzrechtlichen Prüfung des Systems zur automatisierten Kennzeichenfahndung (KESY) – das Polizeipräsidium verweigert der Datenschutzaufsichtsbehörde die Einsicht in gerichtliche Beschlüsse bzw. staatsanwaltschaftliche Anordnungen.

Auslöser für die datenschutzrechtliche Prüfung war zunächst die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Übermittlung der Erfassungsdaten zum Kraftfahrzeug eines Verdächtigen im Vermisstenfall „Rebecca“ an die Berliner Polizei. Die Weitergabe der Daten, so die brandenburgische Polizei, folge dem Beschluss eines Berliner Amtsgerichts. In Bezug auf den Aufzeichnungsmodus der Kameras, aus dem die Daten stammten, hatte die Polizei zunächst argumentiert, dieser werde aufgrund einer Vielzahl begrenzter, sich zeitlich aber überschneidender gerichtlicher Beschlüsse zur längerfristigen Observation aus dem gesamten Bundesgebiet faktisch dauerhaft eingesetzt. Aus einem zwischenzeitlich vorgelegten Bericht des Ministeriums des Innern und für Kommunales ergab sich jedoch, dass im Zusammenhang mit einem seit dem Jahre 2017 von der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) geführten Verfahren ein gerichtlicher Beschluss vorliege. Dieser sei bis in die Gegenwart verlängert worden und diene als Grundlage für Kennzeichenspeicherungen im Aufzeichnungsmodus.

Mitarbeiterinnen der Landesbeauftragten führten vor diesem Hintergrund am 24. Juli 2019 eine Vor-Ort-Kontrolle im Polizeipräsidium durch und verlangten unter anderem Einsicht in den Berliner Beschluss zur Datenübermittlung sowie in die Dokumentation zur Anordnung der Observation und des Aufzeichnungsmodus. Das Präsidium verweigerte dies unter Verweis auf noch nicht abgeschlossene Ermittlungsverfahren und die fehlende Einwilligung der zuständigen Staatsanwaltschaften. Am 30. Juli 2019 forderte die Datenschutzbeauftragte das Polizeipräsidium schriftlich auf, ihr Zugang zu den Unterlagen zu ermöglichen. Eine Woche später teilte die Polizeibehörde ebenfalls schriftlich mit, die Berliner Staatsanwaltschaft gebeten zu haben, über dieses Ersuchen zu entscheiden. Wegen des Observationsbeschlusses möge sie sich an die verfahrensführende Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) wenden. Dagmar Hartge:

Die Polizei des Landes Brandenburg ist datenschutzrechtlich für die Durchführung der automatisierten Kennzeichenfahndung verantwortlich. Somit ist sie gesetzlich verpflichtet, mich im Rahmen einer Prüfung bei der Erfüllung meiner Aufgaben zu unterstützen. Dies umfasst auch die Herausgabe gerichtlicher Beschlüsse oder staatsanwaltschaftlicher Anordnungen, die in polizeilichen Vorgängen enthalten sind. Durch die Verweigerung seiner Unterstützung behindert das Polizeipräsidium die vollständige datenschutzrechtliche Kontrolle.

Die strafprozessualen Befugnisse der Staatsanwaltschaft sind für die Datenschutzaufsicht ohne Belang. Insbesondere besteht keine Vorschrift, die den Umfang der datenschutzrechtlichen Kontrolle von Polizeibehörden unter den Vorbehalt einer Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft stellen würde. Eine solche Rechtsgrundlage hat das Polizeipräsidium im Übrigen auch nicht benannt.

Mit der Beanstandung ist die Empfehlung verbunden, die zurückgehaltenen Beschlüsse und Anordnungen unverzüglich vorzulegen. Die Datenschutzbeauftragte fordert das Polizeipräsidium Brandenburg zudem auf, eine Stellungnahme mit den bislang fehlenden Angaben zur rechtlichen Argumentation der Behörde abzugeben. Weitergehende gesetzliche Kompetenzen bei einer Verweigerung der Herausgabe von Unterlagen stehen der Landesbeauftragten gegenüber den Polizeibehörden nicht zu.

Die datenschutzrechtliche Prüfung vor Ort sollte auch darüber Aufschluss geben, ob beispielsweise die Verteilung der Zugriffsberechtigungen bzw. die Dokumentation von Protokollierungen und Datenlöschungen in datenschutzgerechter Weise erfolgen. Zu diesen und weiteren Gesichtspunkten hat die Landesbeauftragte alle Informationen erhalten; die Auswertung dauert derzeit noch an.