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Beschluss vom 11. September 2024: Übermittlungen personenbezogener Daten an die Erwerberin oder den Erwerber eines Unternehmens im Rahmen eines Asset-Deals

Die Veräußerung eines Unternehmens kann grundsätzlich auf zwei Wegen erfolgen, nämlich entweder durch Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft als „Share Deal” oder durch Übertragung von Vermögenswerten und/oder Wirtschaftsgütern als „Asset Deal”. Während die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines „Share Deals“, abgesehen von Prüfungshandlungen während einer Due Diligence Prüfung, unproblematisch möglich ist, da nur die Anteile an einer Gesellschaft übertragen werden, diese ansonsten unverändert fortgeführt wird und mangels Änderung in der Person der oder des Verantwortlichen grds. keine Übermittlung personenbezogener Daten erfolgt, bedarf es bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines „Asset Deals“ in datenschutzrechtlicher Hinsicht einer differenzierten Betrachtung, die im Folgenden dargestellt wird.

Unter dem Begriff des Asset Deals ist dabei ein Unternehmenskauf zu verstehen, bei dem Wirtschaftsgüter/Vermögenswerte (engl.: Assets) eines Unternehmens wie beispielsweise Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Kundenstamm, Rechte etc., im Rahmen der Singularsukzession auf die Erwerberin oder den Erwerber übertragen werden. Ein Asset Deal liegt zum Beispiel vor, wenn eine Einzelunternehmerin oder ein Einzelunternehmer (Veräußerer)[1] ihren bzw. seinen Betrieb an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger (Erwerber) übergibt und dabei beispielsweise die Maschinen, den Kundenstamm, die Firmierung etc. übernimmt und den Betrieb fortführt.

Insbesondere Einzelkaufleute, Handwerkerinnen und Handwerker oder Personengesellschaften sind bei einem Betriebsübergang mit zusätzlichen datenschutzrechtlichen Herausforderungen konfrontiert, die sich bei dem – allein Kapitalgesellschaften möglichen – Share Deal gar nicht stellen. Die nachfolgenden Hinweise sollen den Betriebsinhaberinnen und -inhabern helfen, diesen Anforderungen gerecht zu werden.

 

 

I.                    Übermittlung personenbezogener Daten vor Abschluss des Asset Deals, sog. Due Diligence

Zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen zwischen Veräußerern und potentiellen Erwerbern – also vor Abschluss eines Vertrages (des Asset Deals) – ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten grundsätzlich unzulässig. Das bezieht sich insbesondere auf Daten von Kundinnen und Kunden, Lieferantinnen und Lieferanten und von Beschäftigten. Die Übermittlung dieser Daten an den potenziellen Erwerber ist aber zulässig aufgrund einer im Einzelfall vorliegenden freiwillig erteilten Einwilligung der von der Übermittlung betroffenen Personen. Im Rahmen der fortgeschrittenen Übernahmeverhandlungen kann im Einzelfall ein berechtigtes Interesse die Übermittlung von Daten besonders hervorgehobener Personen aus den vorgenannten Gruppen gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO rechtfertigen. Bspw. kann es sich dabei um Hauptvertragspartnerinnen und -partner, Personal mit Führungsverantwortung und / oder für das Geschäft zentralen Kompetenzen handeln.

Im Beschäftigungsverhältnis ist bei der Beurteilung der Freiwilligkeit die Abhängigkeit der Beschäftigten zu berücksichtigen. Freiwilligkeit kann ausnahmsweise vorliegen, wenn von Veräußerern und ihren Beschäftigten gleichgerichtete Interessen verfolgt werden. Die Einwilligung hat hier in aller Regel schriftlich oder elektronisch zu erfolgen, siehe § 26 Abs. 2 BDSG.

 

II.                  Daten von Kundinnen und Kunden

Bei der Übermittlung von Daten der Kundinnen und Kunden vom Veräußerer an den Erwerber im Rahmen eines Asset Deals ist zwischen den Stadien einer Vertragsanbahnung, einer laufenden vertraglichen Beziehung des Veräußerers mit der jeweiligen Kundin oder dem jeweiligen Kunden und einer vollständig erfüllten oder beendeten vertraglichen Beziehung zwischen Veräußerer und der Kundin oder dem Kunden zu unterscheiden.

 

1.       Vertragsanbahnung

Eine Vertragsanbahnung liegt vor, wenn zwischen dem Veräußerer und der Kundin oder dem Kunden konkrete Vertragsverhandlungen geführt werden. Führt die Kundin oder der Kunde die Verhandlungen mit dem Erwerber von sich aus rügelos fort, so ist die Verarbeitung der für die Fortsetzung erforderlichen personenbezogenen Daten gerechtfertigt durch Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO. Im Übrigen ist eine Übermittlung nur dann zulässig, wenn eine Überprüfung durch den Veräußerer ergibt, dass den eigenen berechtigten Interessen an der Übermittlung keine überwiegenden Interessen der Kundin oder des Kunden entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO). Den berechtigten Interessen der Kundin oder des Kunden kann in aller Regel durch eine Widerspruchslösung Rechnung getragen werden. Den Kundinnen und Kunden wird dazu die Datenübermittlung an den Erwerber mit einer angemessenen Frist (etwa 6 Wochen) für einen möglichen Widerspruch angekündigt.

 

2.       Laufende vertragliche Beziehungen

Eine laufende vertragliche Beziehung zwischen Veräußerer und der Kundin oder dem Kunden im hier gemeinten Sinne liegt vor, wenn der Veräußerer Verpflichtungen gegenüber einer Kundin oder einem Kunden aus einem Vertragsverhältnis (beispielweise Erbringung einer Leistung, Herstellung eines Werkes, Übergabe einer Kaufsache, Zahlung des Kaufpreises, Zahlung des Dienst- oder Werklohnes, Erfüllung etwaiger Mängelgewährleistungspflichten) hat, die noch nicht erloschen sind (beispielsweise durch Erfüllung) bzw. deren gesetzliche Verjährungs- oder vertragliche Garantiefristen noch nicht abgelaufen sind. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass beispielsweise Mängelgewährleistungsansprüche regelmäßig erst nach mehreren Jahren verjähren, so dass bis zu diesem Zeitpunkt von einer laufenden vertraglichen Beziehung auszugehen ist. Der Veräußerer sollte daher im Vorfeld des Abschlusses des „Asset Deals“ sorgfältig prüfen, zu welchen Kundinnen und Kunden noch eine laufende vertragliche Beziehung besteht und zu welchen nicht.

Werden die laufenden Verträge zwischen dem Veräußerer und den jeweiligen Kundinnen und Kunden mit der zivilrechtlich erforderlichen Genehmigung letzterer auf den Erwerber übertragen, so dass dieser die Verträge übernimmt und selbst neuer Schuldner und Gläubiger der jeweiligen Kunden wird (Vertragsübernahme), so erfüllt der Erwerber den Vertrag mit dem Kunden. Damit kann der Erwerber die für die durch ihn vorzunehmende Vertragserfüllung erforderliche Verarbeitung der Daten des Kunden auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO stützen. Entsprechendes gilt für den Fall der bloßen Schuldübernahme nach § 415 Abs. 1 BGB.

Soll allerdings der Erwerber lediglich den Veräußerer von dessen Schuld gegenüber den jeweiligen Kundinnen und Kunden freistellen, handelt es sich hierbei um eine bloße Erfüllungsübernahme. Wird eine Erfüllungsübernahme zwischen Erwerber und Veräußerer vereinbart, ist zu prüfen, ob einer Übertragung der Daten der Kundinnen und Kunden vom Veräußerer auf den Erwerber überwiegende Interessen der Kundin oder des Kunden i. S. v. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO entgegenstehen. Dies dürfte regelmäßig hinsichtlich der für die Erfüllung erforderlichen Daten nicht der Fall sein, weil die Kundin oder der Kunde vor allem an der Erfüllung interessiert sein dürfte und diese in der Regel durch den Erwerber besser gewährleistet werden kann, als durch den Veräußerer. Überwiegen allerdings im Einzelfall die Interessen an der Nichtübertragung der Daten, ist eine wirksame Einwilligung der betroffenen Kundin oder des Kunden erforderlich.

 

3.       Beendete vertragliche Beziehung

Sofern der Veräußerer beabsichtigt, Daten ehemaliger Kundinnen und Kunden ohne laufende Verträge (Altdaten) dem Erwerber zur Erfüllung der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen zu übermitteln, ist der Abschluss eines Vertrages über eine Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 Abs. 3 DS-GVO erforderlich. Diese Daten dürfen zwar übermittelt werden, aber eben nur zum Zwecke gesetzlicher Aufbewahrungsfristen genutzt werden. Der Erwerber hat diese Daten zwingend von den Daten der Kundinnen und Kunden mit einer laufenden vertraglichen Beziehung zu trennen („Zwei-Schrank-Lösung“).

Denkbare Alternative ist, dass entsprechende Daten der Kundinnen und Kunden beim Veräußerer verbleiben. Dieser kann die Daten als Verantwortlicher entweder selbst bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen speichern oder ein Dienstleistungsunternehmen im Wege einer Auftragsverarbeitung damit beauftragen.

Der Erwerber darf die zur Erfüllung der Aufbewahrungsfristen übergebenen Daten nur dann zu eigenen Zwecken nutzen, wenn hierfür eine wirksame Einwilligung der Kundinnen und Kunden jeweils vorliegt. (Die Daten können dann aus dem „Aufbewahrungsschrank“ in den „Schrank für aktive Kundinnen- und Kundenbetreuung“ übernommen werden.)

 

 

4.       Werbung durch den Erwerber

Soweit Kontaktdaten der Kundinnen und Kunden nach den unter 2.1 und 2.2 genannten Kriterien vom Erwerber verarbeitet werden durften, können diese regelmäßig gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO in dem Umfang für Werbezwecke genutzt werden, wie dies auch durch den Veräußerer zulässig gewesen wäre. Dies ist dann nicht der Fall, wenn überwiegende Interessen der Kundin oder des Kunden entgegenstehen. Insbesondere bei Werbemaßnahmen mithilfe elektronischer Post oder Telefon ist § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten. Danach erfordert insbesondere die Werbung per Telefon oder per E-Mail grundsätzlich eine vorherige ausdrückliche Einwilligung. Soweit es sich bei der kontaktierten Person nicht um eine Verbraucherin oder einen Verbraucher handelt, reicht im Falle von Werbung mittels eines Telefonanrufes eine mutmaßliche Einwilligung aus. Die Ausnahme des § 7 Abs. 3 UWG (elektronische Werbung ohne Einwilligung) findet regelmäßig keine Anwendung, da nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG derjenige, der die elektronische Postadresse verwendet, diese im Rahmen eines Vertragsabschlusses direkt bei der Kundin oder dem Kunden erhoben haben muss. Bei einem vorvertraglichen Schuldverhältnis besteht noch kein Vertragsverhältnis. Soweit eine bestehende Schuld gem. § 415 BGB durch den Erwerber übernommen wird, erhält dieser die E-Mail-Adresse in der Regel vom Veräußerer und nicht von der Kundin oder vom Kunden selbst.

Im Übrigen wird auf die Orientierungshilfe der DSK zur „Verarbeitung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Direktwerbung unter Geltung der DS-GVO“ verwiesen.[2]

 

5.       Besondere Kategorien nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO der Daten von Kundinnen und Kunden

Besondere Kategorien von Daten der Kundinnen und Kunden, wie beispielsweise Gesundheitsdaten, können nur im Wege der informierten und ausdrücklichen Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a, Art. 7 DS-GVO vom Veräußerer auf den Erwerber übermittelt werden.

 

6.       Bankdaten

Die Bankverbindungen (IBAN) können in den Fallgruppen der Ziffern 2.1 (Vertragsanbahnung) und 2.2 (laufende vertragliche Beziehungen) – soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen – über Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO an den Erwerber mit übermittelt werden, im Übrigen aber nur nach ausdrücklicher Einwilligung der Kundin oder des Kunden. Soweit vom Erwerber kein vom Veräußerer übergeleiteter Vertrag abzuwickeln ist, kann er kein berechtigtes Interesse an den Daten zur Bankverbindung geltend machen. Unabhängig von der Übermittlung der Bankverbindungsdaten benötigt der Erwerber neue Einzugsermächtigungen der Inhaberinnen und Inhaber der Kontoverbindung, wenn er einen Bankeinzug von Forderungen beabsichtigt.

 

7.       Daten von Kundinnen und Kunden im Falle offener Forderungen

Die Übertragung offener Forderungen richtet sich zivilrechtlich nach den §§ 398 ff BGB (Forderungsabtretung). In diesem Zusammenhang stehende Daten darf der Zedent (Alt-Gläubiger/Alt-Unternehmen) an den Zessionar (Neu-Gläubiger/Neu-Unternehmen) – gestützt auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO – übermitteln. Überwiegende Gegeninteressen bestehen dann, wenn die Abtretung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist (§ 399 2. Alt. BGB). In diesen Fällen bleibt allerdings die Möglichkeit, den Erwerber oder einen Dritten zur Einziehung der Forderung im fremden Namen zu ermächtigen. Auch hier dürfen die zum Einzug erforderlichen personenbezogenen Daten gem. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO übermittelt werden.

 

III.                Personenbezogene Daten von Lieferantinnen oder Lieferanten und deren Beschäftigten

Soweit keine schutzwürdigen Gegeninteressen erkennbar sind, können aktuelle und für den Erwerber relevante personenbezogene Daten von Lieferantinnen und Lieferanten oder deren Beschäftigten nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO vom Veräußerer auf den Erwerber übermittelt werden. Insbesondere bei geschäftlichen Kontaktdaten dürften der Übermittlung regelmäßig keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. Die Lieferantinnen oder Lieferanten dürften in der Regel sogar ein Interesse daran haben, dass eine bestehende Geschäftsbeziehung mit einem neuen Erwerber fortgesetzt wird.

 

IV.                Beschäftigtendaten

Die Übermittlung von Beschäftigtendaten zur Vertragsdurchführung im Rahmen von „Asset-Deals“ vom Veräußerer auf den Erwerber kann – wenn es sich um einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB handelt – zum Zeitpunkt des Betriebs- oder Betriebsteilübergangs regelmäßig jedenfalls auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO[3] und, soweit besondere Kategorien von personenbezogenen Daten betroffen sind, auf § 26 Abs. 3 BDSG[4] gestützt werden. Der Veräußerer verarbeitet die Beschäftigtendaten dabei zur Erfüllung des Vertrages mit der oder dem Beschäftigten und zwar für die Beendigung beziehungsweise Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen ihm sowie den betroffenen Beschäftigten.

Der Erwerber darf die Beschäftigtendaten spiegelbildlich zur Erfüllung des Arbeitsvertrages nach § 613a BGB in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO und Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO in Verbindung mit § 26 Abs. 3 BDSG verarbeiten.

Allerdings kann es auch besondere Fallkonstellationen geben, in denen eine Datenübermittlung durch den Veräußerer auf den Erwerber nicht oder nicht vollständig erlaubt sein wird, unter anderem:

Vertragsverhandlungen

Zum Zeitpunkt von bloßen Vertragsverhandlungen zwischen Veräußerern und potentiellen Erwerbern – also vor Abschluss eines Vertrages über den Übergang eines Betriebs und/oder Betriebsteils gemäß § 613a BGB – ist die Übermittlung von Beschäftigtendaten grundsätzlich unzulässig. Eine Übermittlung wird im Einzelfall möglicherweise nur mit einer wirksamen[5] Einwilligung der Beschäftigten zulässig sein.[6]

Information der Beschäftigten durch Erwerber vor dem Betriebs-/Betriebsteilübergang

Beschäftigte, die von einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB betroffen sind, müssen hiervon nach § 613a Abs. 5 BGB in Textform unterrichtet werden. Die Information kann dabei durch den Veräußerer oder aber den Erwerber erfolgen, § 613a Abs. 5 BGB. Nach Zugang dieser Unterrichtung haben die betroffenen Beschäftigten einen Monat Zeit, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu widersprechen, § 613a Abs. 6 BGB. Vereinbaren Veräußerer und Erwerber, dass der Letztere die betroffenen Beschäftigten nach § 613a Abs. 5 Alternative 2 BGB informieren soll, darf der Veräußerer bis zum Übergang des Betriebs- oder des Betriebsteils zunächst nur die erforderlichen Daten der Beschäftigten zur Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses an den Erwerber übermitteln, Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO. Eine Übermittlung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten, wie zum Beispiel Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als Personaldaten, ist hierfür nicht erforderlich.

Widerspruch der oder des Beschäftigten vor dem Betriebs-/Betriebsteilübergang

Soll die Information der betroffenen Beschäftigten – wie regelmäßig üblich – durch den Veräußerer nach § 613a Abs. 5 Alternative 1 BGB erfolgen und widersprechen betroffene Beschäftigte bevor der Betrieb oder der Betriebsteil auf den Erwerber übergegangen ist, ist eine Übermittlung der Daten der widersprechenden Beschäftigten durch den Veräußerer auf den Erwerber nicht erforderlich und damit unzulässig.

Kein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB

Liegt ein Asset-Deal vor, der keinen Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB darstellt, sind für eine Übermittlung von Beschäftigtendaten individuelle Vereinbarungen zwischen Veräußerer, Erwerber und Beschäftigten zu treffen. Auch in diesen Fällen wird eine Übermittlung von Beschäftigtendaten regelmäßig nur mit einer freiwilligen und damit rechtswirksamen Einwilligung der betroffenen Beschäftigten möglich sein.[7]

 

V.                  Sonstige Hinweise

1.       Bei allen Fallgruppen ist zu beachten:

  • Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Übermittlung personenbezogener Daten an den Erwerber trifft den Veräußerer. Insbesondere muss der Veräußerer neben der Erfüllung der vorstehenden Anforderungen bei der Übermittlung ein angemessenes Schutzniveau gem. Art. 32 DS-GVO gewährleisten. Verarbeitet der Veräußerer weiterhin personenbezogene Daten seiner Kundinnen und Kunden (einschließlich des Falles, dass er den Erwerber als Auftragsverarbeiter einsetzt), ist er insoweit weiterhin für die Einhaltung seiner datenschutzrechtlichen Pflichten verantwortlich. Die Daten der Kundinnen und Kunden sind zu löschen, wenn die Voraussetzungen des Art. 17 DS-GVO vorliegen, es sei denn, Art. 17 Abs. 3 DS-GVO ist einschlägig (z. B. bei handels- oder steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen).
  • Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Verarbeitung beim Erwerber trifft diesen. Der Erwerber muss die Pflichten als „Verantwortlicher“ (Art. 4 Nr. 7 DS-GVO) erfüllen, soweit er nicht als Auftragsverarbeiter für den Veräußerer tätig ist. Unter anderem muss er ein angemessenes Schutzniveau gewährleisten und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Betroffenenrechte erfüllen.
  • Soweit die Voraussetzungen von Art. 14 Abs. 5 DS-GVO nicht vorliegen, muss der Erwerber, innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens innerhalb eines Monats nach Erhalt der Datensätze vom Veräußerer, die Kundinnen und Kunden gem. Art. 14 DS-GVO informieren, insbesondere hat er sie auch nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. c DS-GVO auf ihr Widerspruchsrecht nach Art. 21 DS-GVO hinzuweisen. Ein Widerspruch wirkt sich nur auf die Datenverarbeitung nach dem Zeitpunkt des Widerspruchs aus.

2.       Übermittlung von Daten der Kundinnen und Kunden als einziges „Asset“

Eine Übermittlung im Rahmen eines Verkaufs von Daten der Kundinnen und Kunden als losgelöstes „Asset“ (Verkauf von Kundendatenbanken) ist regelmäßig nur mit vorheriger Einwilligung der betroffenen Kundinnen und Kunden möglich. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Datenbanken zur Werbung für Geschäftstätigkeiten genutzt werden soll, die in keinem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Unternehmen stehen.

Nur wenn Kleinstunternehmen (weniger als 10 Beschäftigte) oder Kleinunternehmen (weniger als 50 Beschäftigte und ein Jahresumsatz von höchstens 10 Mio. Euro)[8] aufgrund der Beendigung der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit untereinander die Daten ihrer Kundinnen und Kunden einem Kleinst- oder Kleinunternehmen desselben Wirtschaftszweigs[9] übergeben, kann ausnahmsweise die einmalige Übermittlung ausschließlich der Postadressen im Wege einer Widerspruchslösung realisiert werden (z.B. der schließende Malerbetrieb A übergibt die Kundenadressen an einen bestehenden Malerbetrieb B, der aber weder Ausrüstung von Betrieb A übernimmt, noch in laufende Geschäftsbeziehungen eintritt).

Über die Übertragung ihrer Postadressen werden in diesem Fall die betroffenen Kundinnen und Kunden vom Veräußerer unterrichtet und ihnen wird mitgeteilt, dass sie innerhalb einer angemessenen Frist (i.d.R. 4 – 6 Wochen) formlos gegenüber dem Veräußerer widersprechen können. Im Falle des Ausbleibens eines Widerspruchs kann die Übermittlung der Postadressen als einziges Asset ausnahmsweise auf Art. 6 Abs. 1 UAbs.1 Buchst. f DS-GVO gestützt werden. Diese Abwägung kann darauf gestützt werden, dass entsprechend Erwägungsgrund 13 Satz 4 der DS-GVO den Interessen der Kleinst- und Kleinunternehmen wegen der engen Kundenbeziehung und des besonderen Interesses an einer wirtschaftlich tragfähigen Regelung der Unternehmensnachfolge regelmäßig erhöhtes Gewicht zukommt und dem Schutz der Erwartungen und Interessen der Betroffenen durch ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht Rechnung getragen wird. Dem Veräußerer bleibt es unbenommen, Einwilligungen seiner bisherigen Kundinnen und Kunden auch zur Übermittlung von Telefonnummern und E-Mail-Adressen einzuholen.

 

 


[1] Die Begriffe Veräußerer und Erwerber, Gläubiger und Schuldner, Zedent und Zessionar werden im Folgenden ausschließlich rechtstechnisch verwendet und weisen nicht auf das Geschlecht der Personen hin, die tatsächlich an dem Rechtsgeschäft beteiligt sind.

[2] Die Orientierungshilfe ist. u. a. aufrufbar unter https://lsaurl.de/OHWerbung.

[3] Es bestehen – etwa aus Sicht des BAG, vgl. Az. 1 ABR 14/22, Beschluss vom 09.05.2023, Tz. 64 – Zweifel an der Europarechtskonformität und damit Anwendbarkeit des § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG im Zusammenhang mit einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB; vgl. EuGH, Rs. C-34/21, vom 30.03.2023 sowie BAG, a. a. O., Tz. 64. Über Art. 288 AEUV gilt die DS-GVO als Verordnung der EU – und damit zumindest Art. 6 Abs. 1 Buchst. b DS-GVO – als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zur Erfüllung (unter anderem) eines Arbeitsvertrages unmittelbar in allen Mitgliedstaaten.

[4] Gegen § 26 Abs. 3 BDSG bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken; vgl. BAG, a. a. O., Tz. 48 ff.

[5] Es müssen die gesetzlich geregelten Voraussetzungen für eine freiwillige und damit rechtswirksame Einwilligung beachtet werden, § 26 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BDSG. Weitere Hinweise hierzu finden Sie in dem Kurzpapier Nummer 20 der DSK zur „Einwilligung nach der DS-GVO“ unter dsk_kpnr_20.pdf (datenschutzkonferenz-online.de).

[6] Datenverarbeitungen im Rahmen einer „Due Diligence-Prüfung“ werden vorliegend nicht behandelt, vgl. hierzu Ausführungen auf Seite 1 dieses Dokuments.

[7] Wegen der weiteren Einzelheiten zu einer rechtswirksamen Einwilligung wird auf die Ausführungen in der Fußnote 4 verwiesen.

[8] Definition des Statistischen Bundesamts.

[9] Nach den Festlegungen des Statistischen Bundesamts.

Die Veräußerung eines Unternehmens kann grundsätzlich auf zwei Wegen erfolgen, nämlich entweder durch Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft als „Share Deal” oder durch Übertragung von Vermögenswerten und/oder Wirtschaftsgütern als „Asset Deal”. Während die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines „Share Deals“, abgesehen von Prüfungshandlungen während einer Due Diligence Prüfung, unproblematisch möglich ist, da nur die Anteile an einer Gesellschaft übertragen werden, diese ansonsten unverändert fortgeführt wird und mangels Änderung in der Person der oder des Verantwortlichen grds. keine Übermittlung personenbezogener Daten erfolgt, bedarf es bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines „Asset Deals“ in datenschutzrechtlicher Hinsicht einer differenzierten Betrachtung, die im Folgenden dargestellt wird.

Unter dem Begriff des Asset Deals ist dabei ein Unternehmenskauf zu verstehen, bei dem Wirtschaftsgüter/Vermögenswerte (engl.: Assets) eines Unternehmens wie beispielsweise Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Kundenstamm, Rechte etc., im Rahmen der Singularsukzession auf die Erwerberin oder den Erwerber übertragen werden. Ein Asset Deal liegt zum Beispiel vor, wenn eine Einzelunternehmerin oder ein Einzelunternehmer (Veräußerer)[1] ihren bzw. seinen Betrieb an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger (Erwerber) übergibt und dabei beispielsweise die Maschinen, den Kundenstamm, die Firmierung etc. übernimmt und den Betrieb fortführt.

Insbesondere Einzelkaufleute, Handwerkerinnen und Handwerker oder Personengesellschaften sind bei einem Betriebsübergang mit zusätzlichen datenschutzrechtlichen Herausforderungen konfrontiert, die sich bei dem – allein Kapitalgesellschaften möglichen – Share Deal gar nicht stellen. Die nachfolgenden Hinweise sollen den Betriebsinhaberinnen und -inhabern helfen, diesen Anforderungen gerecht zu werden.

 

 

I.                    Übermittlung personenbezogener Daten vor Abschluss des Asset Deals, sog. Due Diligence

Zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen zwischen Veräußerern und potentiellen Erwerbern – also vor Abschluss eines Vertrages (des Asset Deals) – ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten grundsätzlich unzulässig. Das bezieht sich insbesondere auf Daten von Kundinnen und Kunden, Lieferantinnen und Lieferanten und von Beschäftigten. Die Übermittlung dieser Daten an den potenziellen Erwerber ist aber zulässig aufgrund einer im Einzelfall vorliegenden freiwillig erteilten Einwilligung der von der Übermittlung betroffenen Personen. Im Rahmen der fortgeschrittenen Übernahmeverhandlungen kann im Einzelfall ein berechtigtes Interesse die Übermittlung von Daten besonders hervorgehobener Personen aus den vorgenannten Gruppen gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO rechtfertigen. Bspw. kann es sich dabei um Hauptvertragspartnerinnen und -partner, Personal mit Führungsverantwortung und / oder für das Geschäft zentralen Kompetenzen handeln.

Im Beschäftigungsverhältnis ist bei der Beurteilung der Freiwilligkeit die Abhängigkeit der Beschäftigten zu berücksichtigen. Freiwilligkeit kann ausnahmsweise vorliegen, wenn von Veräußerern und ihren Beschäftigten gleichgerichtete Interessen verfolgt werden. Die Einwilligung hat hier in aller Regel schriftlich oder elektronisch zu erfolgen, siehe § 26 Abs. 2 BDSG.

 

II.                  Daten von Kundinnen und Kunden

Bei der Übermittlung von Daten der Kundinnen und Kunden vom Veräußerer an den Erwerber im Rahmen eines Asset Deals ist zwischen den Stadien einer Vertragsanbahnung, einer laufenden vertraglichen Beziehung des Veräußerers mit der jeweiligen Kundin oder dem jeweiligen Kunden und einer vollständig erfüllten oder beendeten vertraglichen Beziehung zwischen Veräußerer und der Kundin oder dem Kunden zu unterscheiden.

 

1.       Vertragsanbahnung

Eine Vertragsanbahnung liegt vor, wenn zwischen dem Veräußerer und der Kundin oder dem Kunden konkrete Vertragsverhandlungen geführt werden. Führt die Kundin oder der Kunde die Verhandlungen mit dem Erwerber von sich aus rügelos fort, so ist die Verarbeitung der für die Fortsetzung erforderlichen personenbezogenen Daten gerechtfertigt durch Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO. Im Übrigen ist eine Übermittlung nur dann zulässig, wenn eine Überprüfung durch den Veräußerer ergibt, dass den eigenen berechtigten Interessen an der Übermittlung keine überwiegenden Interessen der Kundin oder des Kunden entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO). Den berechtigten Interessen der Kundin oder des Kunden kann in aller Regel durch eine Widerspruchslösung Rechnung getragen werden. Den Kundinnen und Kunden wird dazu die Datenübermittlung an den Erwerber mit einer angemessenen Frist (etwa 6 Wochen) für einen möglichen Widerspruch angekündigt.

 

2.       Laufende vertragliche Beziehungen

Eine laufende vertragliche Beziehung zwischen Veräußerer und der Kundin oder dem Kunden im hier gemeinten Sinne liegt vor, wenn der Veräußerer Verpflichtungen gegenüber einer Kundin oder einem Kunden aus einem Vertragsverhältnis (beispielweise Erbringung einer Leistung, Herstellung eines Werkes, Übergabe einer Kaufsache, Zahlung des Kaufpreises, Zahlung des Dienst- oder Werklohnes, Erfüllung etwaiger Mängelgewährleistungspflichten) hat, die noch nicht erloschen sind (beispielsweise durch Erfüllung) bzw. deren gesetzliche Verjährungs- oder vertragliche Garantiefristen noch nicht abgelaufen sind. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass beispielsweise Mängelgewährleistungsansprüche regelmäßig erst nach mehreren Jahren verjähren, so dass bis zu diesem Zeitpunkt von einer laufenden vertraglichen Beziehung auszugehen ist. Der Veräußerer sollte daher im Vorfeld des Abschlusses des „Asset Deals“ sorgfältig prüfen, zu welchen Kundinnen und Kunden noch eine laufende vertragliche Beziehung besteht und zu welchen nicht.

Werden die laufenden Verträge zwischen dem Veräußerer und den jeweiligen Kundinnen und Kunden mit der zivilrechtlich erforderlichen Genehmigung letzterer auf den Erwerber übertragen, so dass dieser die Verträge übernimmt und selbst neuer Schuldner und Gläubiger der jeweiligen Kunden wird (Vertragsübernahme), so erfüllt der Erwerber den Vertrag mit dem Kunden. Damit kann der Erwerber die für die durch ihn vorzunehmende Vertragserfüllung erforderliche Verarbeitung der Daten des Kunden auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO stützen. Entsprechendes gilt für den Fall der bloßen Schuldübernahme nach § 415 Abs. 1 BGB.

Soll allerdings der Erwerber lediglich den Veräußerer von dessen Schuld gegenüber den jeweiligen Kundinnen und Kunden freistellen, handelt es sich hierbei um eine bloße Erfüllungsübernahme. Wird eine Erfüllungsübernahme zwischen Erwerber und Veräußerer vereinbart, ist zu prüfen, ob einer Übertragung der Daten der Kundinnen und Kunden vom Veräußerer auf den Erwerber überwiegende Interessen der Kundin oder des Kunden i. S. v. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO entgegenstehen. Dies dürfte regelmäßig hinsichtlich der für die Erfüllung erforderlichen Daten nicht der Fall sein, weil die Kundin oder der Kunde vor allem an der Erfüllung interessiert sein dürfte und diese in der Regel durch den Erwerber besser gewährleistet werden kann, als durch den Veräußerer. Überwiegen allerdings im Einzelfall die Interessen an der Nichtübertragung der Daten, ist eine wirksame Einwilligung der betroffenen Kundin oder des Kunden erforderlich.

 

3.       Beendete vertragliche Beziehung

Sofern der Veräußerer beabsichtigt, Daten ehemaliger Kundinnen und Kunden ohne laufende Verträge (Altdaten) dem Erwerber zur Erfüllung der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen zu übermitteln, ist der Abschluss eines Vertrages über eine Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 Abs. 3 DS-GVO erforderlich. Diese Daten dürfen zwar übermittelt werden, aber eben nur zum Zwecke gesetzlicher Aufbewahrungsfristen genutzt werden. Der Erwerber hat diese Daten zwingend von den Daten der Kundinnen und Kunden mit einer laufenden vertraglichen Beziehung zu trennen („Zwei-Schrank-Lösung“).

Denkbare Alternative ist, dass entsprechende Daten der Kundinnen und Kunden beim Veräußerer verbleiben. Dieser kann die Daten als Verantwortlicher entweder selbst bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen speichern oder ein Dienstleistungsunternehmen im Wege einer Auftragsverarbeitung damit beauftragen.

Der Erwerber darf die zur Erfüllung der Aufbewahrungsfristen übergebenen Daten nur dann zu eigenen Zwecken nutzen, wenn hierfür eine wirksame Einwilligung der Kundinnen und Kunden jeweils vorliegt. (Die Daten können dann aus dem „Aufbewahrungsschrank“ in den „Schrank für aktive Kundinnen- und Kundenbetreuung“ übernommen werden.)

 

 

4.       Werbung durch den Erwerber

Soweit Kontaktdaten der Kundinnen und Kunden nach den unter 2.1 und 2.2 genannten Kriterien vom Erwerber verarbeitet werden durften, können diese regelmäßig gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO in dem Umfang für Werbezwecke genutzt werden, wie dies auch durch den Veräußerer zulässig gewesen wäre. Dies ist dann nicht der Fall, wenn überwiegende Interessen der Kundin oder des Kunden entgegenstehen. Insbesondere bei Werbemaßnahmen mithilfe elektronischer Post oder Telefon ist § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten. Danach erfordert insbesondere die Werbung per Telefon oder per E-Mail grundsätzlich eine vorherige ausdrückliche Einwilligung. Soweit es sich bei der kontaktierten Person nicht um eine Verbraucherin oder einen Verbraucher handelt, reicht im Falle von Werbung mittels eines Telefonanrufes eine mutmaßliche Einwilligung aus. Die Ausnahme des § 7 Abs. 3 UWG (elektronische Werbung ohne Einwilligung) findet regelmäßig keine Anwendung, da nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG derjenige, der die elektronische Postadresse verwendet, diese im Rahmen eines Vertragsabschlusses direkt bei der Kundin oder dem Kunden erhoben haben muss. Bei einem vorvertraglichen Schuldverhältnis besteht noch kein Vertragsverhältnis. Soweit eine bestehende Schuld gem. § 415 BGB durch den Erwerber übernommen wird, erhält dieser die E-Mail-Adresse in der Regel vom Veräußerer und nicht von der Kundin oder vom Kunden selbst.

Im Übrigen wird auf die Orientierungshilfe der DSK zur „Verarbeitung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Direktwerbung unter Geltung der DS-GVO“ verwiesen.[2]

 

5.       Besondere Kategorien nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO der Daten von Kundinnen und Kunden

Besondere Kategorien von Daten der Kundinnen und Kunden, wie beispielsweise Gesundheitsdaten, können nur im Wege der informierten und ausdrücklichen Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a, Art. 7 DS-GVO vom Veräußerer auf den Erwerber übermittelt werden.

 

6.       Bankdaten

Die Bankverbindungen (IBAN) können in den Fallgruppen der Ziffern 2.1 (Vertragsanbahnung) und 2.2 (laufende vertragliche Beziehungen) – soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen – über Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO an den Erwerber mit übermittelt werden, im Übrigen aber nur nach ausdrücklicher Einwilligung der Kundin oder des Kunden. Soweit vom Erwerber kein vom Veräußerer übergeleiteter Vertrag abzuwickeln ist, kann er kein berechtigtes Interesse an den Daten zur Bankverbindung geltend machen. Unabhängig von der Übermittlung der Bankverbindungsdaten benötigt der Erwerber neue Einzugsermächtigungen der Inhaberinnen und Inhaber der Kontoverbindung, wenn er einen Bankeinzug von Forderungen beabsichtigt.

 

7.       Daten von Kundinnen und Kunden im Falle offener Forderungen

Die Übertragung offener Forderungen richtet sich zivilrechtlich nach den §§ 398 ff BGB (Forderungsabtretung). In diesem Zusammenhang stehende Daten darf der Zedent (Alt-Gläubiger/Alt-Unternehmen) an den Zessionar (Neu-Gläubiger/Neu-Unternehmen) – gestützt auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO – übermitteln. Überwiegende Gegeninteressen bestehen dann, wenn die Abtretung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist (§ 399 2. Alt. BGB). In diesen Fällen bleibt allerdings die Möglichkeit, den Erwerber oder einen Dritten zur Einziehung der Forderung im fremden Namen zu ermächtigen. Auch hier dürfen die zum Einzug erforderlichen personenbezogenen Daten gem. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO übermittelt werden.

 

III.                Personenbezogene Daten von Lieferantinnen oder Lieferanten und deren Beschäftigten

Soweit keine schutzwürdigen Gegeninteressen erkennbar sind, können aktuelle und für den Erwerber relevante personenbezogene Daten von Lieferantinnen und Lieferanten oder deren Beschäftigten nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO vom Veräußerer auf den Erwerber übermittelt werden. Insbesondere bei geschäftlichen Kontaktdaten dürften der Übermittlung regelmäßig keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. Die Lieferantinnen oder Lieferanten dürften in der Regel sogar ein Interesse daran haben, dass eine bestehende Geschäftsbeziehung mit einem neuen Erwerber fortgesetzt wird.

 

IV.                Beschäftigtendaten

Die Übermittlung von Beschäftigtendaten zur Vertragsdurchführung im Rahmen von „Asset-Deals“ vom Veräußerer auf den Erwerber kann – wenn es sich um einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB handelt – zum Zeitpunkt des Betriebs- oder Betriebsteilübergangs regelmäßig jedenfalls auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO[3] und, soweit besondere Kategorien von personenbezogenen Daten betroffen sind, auf § 26 Abs. 3 BDSG[4] gestützt werden. Der Veräußerer verarbeitet die Beschäftigtendaten dabei zur Erfüllung des Vertrages mit der oder dem Beschäftigten und zwar für die Beendigung beziehungsweise Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen ihm sowie den betroffenen Beschäftigten.

Der Erwerber darf die Beschäftigtendaten spiegelbildlich zur Erfüllung des Arbeitsvertrages nach § 613a BGB in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO und Art. 9 Abs. 2 Buchst. b DS-GVO in Verbindung mit § 26 Abs. 3 BDSG verarbeiten.

Allerdings kann es auch besondere Fallkonstellationen geben, in denen eine Datenübermittlung durch den Veräußerer auf den Erwerber nicht oder nicht vollständig erlaubt sein wird, unter anderem:

Vertragsverhandlungen

Zum Zeitpunkt von bloßen Vertragsverhandlungen zwischen Veräußerern und potentiellen Erwerbern – also vor Abschluss eines Vertrages über den Übergang eines Betriebs und/oder Betriebsteils gemäß § 613a BGB – ist die Übermittlung von Beschäftigtendaten grundsätzlich unzulässig. Eine Übermittlung wird im Einzelfall möglicherweise nur mit einer wirksamen[5] Einwilligung der Beschäftigten zulässig sein.[6]

Information der Beschäftigten durch Erwerber vor dem Betriebs-/Betriebsteilübergang

Beschäftigte, die von einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB betroffen sind, müssen hiervon nach § 613a Abs. 5 BGB in Textform unterrichtet werden. Die Information kann dabei durch den Veräußerer oder aber den Erwerber erfolgen, § 613a Abs. 5 BGB. Nach Zugang dieser Unterrichtung haben die betroffenen Beschäftigten einen Monat Zeit, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu widersprechen, § 613a Abs. 6 BGB. Vereinbaren Veräußerer und Erwerber, dass der Letztere die betroffenen Beschäftigten nach § 613a Abs. 5 Alternative 2 BGB informieren soll, darf der Veräußerer bis zum Übergang des Betriebs- oder des Betriebsteils zunächst nur die erforderlichen Daten der Beschäftigten zur Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses an den Erwerber übermitteln, Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. b DS-GVO. Eine Übermittlung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten, wie zum Beispiel Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen als Personaldaten, ist hierfür nicht erforderlich.

Widerspruch der oder des Beschäftigten vor dem Betriebs-/Betriebsteilübergang

Soll die Information der betroffenen Beschäftigten – wie regelmäßig üblich – durch den Veräußerer nach § 613a Abs. 5 Alternative 1 BGB erfolgen und widersprechen betroffene Beschäftigte bevor der Betrieb oder der Betriebsteil auf den Erwerber übergegangen ist, ist eine Übermittlung der Daten der widersprechenden Beschäftigten durch den Veräußerer auf den Erwerber nicht erforderlich und damit unzulässig.

Kein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB

Liegt ein Asset-Deal vor, der keinen Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB darstellt, sind für eine Übermittlung von Beschäftigtendaten individuelle Vereinbarungen zwischen Veräußerer, Erwerber und Beschäftigten zu treffen. Auch in diesen Fällen wird eine Übermittlung von Beschäftigtendaten regelmäßig nur mit einer freiwilligen und damit rechtswirksamen Einwilligung der betroffenen Beschäftigten möglich sein.[7]

 

V.                  Sonstige Hinweise

1.       Bei allen Fallgruppen ist zu beachten:

  • Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Übermittlung personenbezogener Daten an den Erwerber trifft den Veräußerer. Insbesondere muss der Veräußerer neben der Erfüllung der vorstehenden Anforderungen bei der Übermittlung ein angemessenes Schutzniveau gem. Art. 32 DS-GVO gewährleisten. Verarbeitet der Veräußerer weiterhin personenbezogene Daten seiner Kundinnen und Kunden (einschließlich des Falles, dass er den Erwerber als Auftragsverarbeiter einsetzt), ist er insoweit weiterhin für die Einhaltung seiner datenschutzrechtlichen Pflichten verantwortlich. Die Daten der Kundinnen und Kunden sind zu löschen, wenn die Voraussetzungen des Art. 17 DS-GVO vorliegen, es sei denn, Art. 17 Abs. 3 DS-GVO ist einschlägig (z. B. bei handels- oder steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen).
  • Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Verarbeitung beim Erwerber trifft diesen. Der Erwerber muss die Pflichten als „Verantwortlicher“ (Art. 4 Nr. 7 DS-GVO) erfüllen, soweit er nicht als Auftragsverarbeiter für den Veräußerer tätig ist. Unter anderem muss er ein angemessenes Schutzniveau gewährleisten und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Betroffenenrechte erfüllen.
  • Soweit die Voraussetzungen von Art. 14 Abs. 5 DS-GVO nicht vorliegen, muss der Erwerber, innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens innerhalb eines Monats nach Erhalt der Datensätze vom Veräußerer, die Kundinnen und Kunden gem. Art. 14 DS-GVO informieren, insbesondere hat er sie auch nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. c DS-GVO auf ihr Widerspruchsrecht nach Art. 21 DS-GVO hinzuweisen. Ein Widerspruch wirkt sich nur auf die Datenverarbeitung nach dem Zeitpunkt des Widerspruchs aus.

2.       Übermittlung von Daten der Kundinnen und Kunden als einziges „Asset“

Eine Übermittlung im Rahmen eines Verkaufs von Daten der Kundinnen und Kunden als losgelöstes „Asset“ (Verkauf von Kundendatenbanken) ist regelmäßig nur mit vorheriger Einwilligung der betroffenen Kundinnen und Kunden möglich. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Datenbanken zur Werbung für Geschäftstätigkeiten genutzt werden soll, die in keinem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Unternehmen stehen.

Nur wenn Kleinstunternehmen (weniger als 10 Beschäftigte) oder Kleinunternehmen (weniger als 50 Beschäftigte und ein Jahresumsatz von höchstens 10 Mio. Euro)[8] aufgrund der Beendigung der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit untereinander die Daten ihrer Kundinnen und Kunden einem Kleinst- oder Kleinunternehmen desselben Wirtschaftszweigs[9] übergeben, kann ausnahmsweise die einmalige Übermittlung ausschließlich der Postadressen im Wege einer Widerspruchslösung realisiert werden (z.B. der schließende Malerbetrieb A übergibt die Kundenadressen an einen bestehenden Malerbetrieb B, der aber weder Ausrüstung von Betrieb A übernimmt, noch in laufende Geschäftsbeziehungen eintritt).

Über die Übertragung ihrer Postadressen werden in diesem Fall die betroffenen Kundinnen und Kunden vom Veräußerer unterrichtet und ihnen wird mitgeteilt, dass sie innerhalb einer angemessenen Frist (i.d.R. 4 – 6 Wochen) formlos gegenüber dem Veräußerer widersprechen können. Im Falle des Ausbleibens eines Widerspruchs kann die Übermittlung der Postadressen als einziges Asset ausnahmsweise auf Art. 6 Abs. 1 UAbs.1 Buchst. f DS-GVO gestützt werden. Diese Abwägung kann darauf gestützt werden, dass entsprechend Erwägungsgrund 13 Satz 4 der DS-GVO den Interessen der Kleinst- und Kleinunternehmen wegen der engen Kundenbeziehung und des besonderen Interesses an einer wirtschaftlich tragfähigen Regelung der Unternehmensnachfolge regelmäßig erhöhtes Gewicht zukommt und dem Schutz der Erwartungen und Interessen der Betroffenen durch ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht Rechnung getragen wird. Dem Veräußerer bleibt es unbenommen, Einwilligungen seiner bisherigen Kundinnen und Kunden auch zur Übermittlung von Telefonnummern und E-Mail-Adressen einzuholen.

 

 


[1] Die Begriffe Veräußerer und Erwerber, Gläubiger und Schuldner, Zedent und Zessionar werden im Folgenden ausschließlich rechtstechnisch verwendet und weisen nicht auf das Geschlecht der Personen hin, die tatsächlich an dem Rechtsgeschäft beteiligt sind.

[2] Die Orientierungshilfe ist. u. a. aufrufbar unter https://lsaurl.de/OHWerbung.

[3] Es bestehen – etwa aus Sicht des BAG, vgl. Az. 1 ABR 14/22, Beschluss vom 09.05.2023, Tz. 64 – Zweifel an der Europarechtskonformität und damit Anwendbarkeit des § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG im Zusammenhang mit einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a BGB; vgl. EuGH, Rs. C-34/21, vom 30.03.2023 sowie BAG, a. a. O., Tz. 64. Über Art. 288 AEUV gilt die DS-GVO als Verordnung der EU – und damit zumindest Art. 6 Abs. 1 Buchst. b DS-GVO – als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zur Erfüllung (unter anderem) eines Arbeitsvertrages unmittelbar in allen Mitgliedstaaten.

[4] Gegen § 26 Abs. 3 BDSG bestehen keine unionsrechtlichen Bedenken; vgl. BAG, a. a. O., Tz. 48 ff.

[5] Es müssen die gesetzlich geregelten Voraussetzungen für eine freiwillige und damit rechtswirksame Einwilligung beachtet werden, § 26 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BDSG. Weitere Hinweise hierzu finden Sie in dem Kurzpapier Nummer 20 der DSK zur „Einwilligung nach der DS-GVO“ unter dsk_kpnr_20.pdf (datenschutzkonferenz-online.de).

[6] Datenverarbeitungen im Rahmen einer „Due Diligence-Prüfung“ werden vorliegend nicht behandelt, vgl. hierzu Ausführungen auf Seite 1 dieses Dokuments.

[7] Wegen der weiteren Einzelheiten zu einer rechtswirksamen Einwilligung wird auf die Ausführungen in der Fußnote 4 verwiesen.

[8] Definition des Statistischen Bundesamts.

[9] Nach den Festlegungen des Statistischen Bundesamts.