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Entschließung vom 11. September 2024: Recht auf kostenlose Erstkopie der Patientenakte kann durch eine nationale Regelung nicht eingeschränkt werden! Datenschutzaufsichtsbehörden sehen konkreten Handlungsbedarf auf Seiten der Heilberufskammern

In seinem Urteil vom 26. Oktober 2023 (Az. C-307/22) hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) zum Verhältnis des Rechts auf Einsicht in die Patientenakte aus § 630g BGB und des Rechts auf Kopie personenbezogener Daten aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO geäußert.

Das Gericht stellte fest, dass der Patient oder die Patientin einen Anspruch auf eine unentgeltliche erste Kopie seiner oder ihrer Akte hat. Durch eine nationale Regelung wie § 630g Abs. 2 S. 2 BGB darf dem Patienten oder der Patientin keine Kostenlast hierfür auferlegt werden. Der Verantwortliche kann jedoch für alle weiteren Kopien ein angemessenes Entgelt auf Grundlage der Verwaltungskosten verlangen.

Zwar kann nach den Ausführungen des EuGH eine nationale Regelung, die vor dem Inkrafttreten der DS-GVO erlassen wurde, in den Anwendungsbereich des Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DS-GVO fallen und damit den Umfang der u. a. in Art. 15 DS-GVO vorgesehenen Pflichten und Rechte einschränken. Eine solche Möglichkeit erlaubt es jedoch nicht, eine nationale Regelung zu erlassen bzw. eine bestehende Regelung anzuwenden, die der betroffenen Person zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Verantwortlichen die Kosten für eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung durch den Verantwortlichen sind, auferlegt.

Im Übrigen stellte der EuGH fest, dass der Antrag des Patienten oder der Patientin nicht zu begründen ist. Nach Ausführungen des EuGH kommt es nicht auf die Motivation des Antragstellers oder der Antragstellerin auf den Erhalt der Kopie an.

Die deutschen Aufsichtsbehörden weisen darauf hin, dass nach dem Urteil des EuGH nicht nur dringender Handlungsbedarf für den Bundesgesetzgeber besteht, § 630g Abs. 2 S. 2 BGB den Vorgaben der DS-GVO anzupassen. Auch die Berufsordnungen der Heilberufskammern enthalten regelmäßig entsprechende Regelungen zur Kostenerstattung für die Herausgabe von Kopien aus der Patientenakte (vgl. § 10 Abs. 2 a. E. Muster-Berufsordnung der Bundesärztekammer; § 12 Abs. 4 Muster-Berufsordnung der Bundeszahnärztekammer; § 11 Abs. 1 Muster-Berufsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer), die den Vorgaben der DS-GVO und der Rechtsprechung des EuGH widersprechen.

Während der Bundesgesetzgeber eine Änderung des BGB noch in dieser Legislaturperiode vornehmen wird, ist offen, ob und ggf. wann es auch zu den notwendigen berufsrechtlichen Anpassungen kommen wird. Im Sinne eines möglichst einheitlichen Rechtsrahmens und aus Gründen der Rechtsklarheit fordern die deutschen Aufsichtsbehörden daher die Heilberufskammern auf, die berufsrechtlichen Regelungen zeitnah an die Vorgaben aus der DS-GVO anzupassen. Die bestehenden zivil- und berufsrechtlichen Regelungen, die für die Bereitstellung einer Erstkopie eine Kostenpflicht für den Patienten oder die Patientin vorsehen, sind nicht anwendbar. Bis eine Änderung der jeweiligen Berufsordnung erfolgt ist, sind die Kammermitglieder über die Entscheidung des EuGH zum Anspruch des Patienten bzw. der Patientin auf eine kostenlose Kopie der Patientenakte zu informieren und zu einem rechtskonformen Vorgehen anzuhalten.

 

In seinem Urteil vom 26. Oktober 2023 (Az. C-307/22) hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) zum Verhältnis des Rechts auf Einsicht in die Patientenakte aus § 630g BGB und des Rechts auf Kopie personenbezogener Daten aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO geäußert.

Das Gericht stellte fest, dass der Patient oder die Patientin einen Anspruch auf eine unentgeltliche erste Kopie seiner oder ihrer Akte hat. Durch eine nationale Regelung wie § 630g Abs. 2 S. 2 BGB darf dem Patienten oder der Patientin keine Kostenlast hierfür auferlegt werden. Der Verantwortliche kann jedoch für alle weiteren Kopien ein angemessenes Entgelt auf Grundlage der Verwaltungskosten verlangen.

Zwar kann nach den Ausführungen des EuGH eine nationale Regelung, die vor dem Inkrafttreten der DS-GVO erlassen wurde, in den Anwendungsbereich des Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DS-GVO fallen und damit den Umfang der u. a. in Art. 15 DS-GVO vorgesehenen Pflichten und Rechte einschränken. Eine solche Möglichkeit erlaubt es jedoch nicht, eine nationale Regelung zu erlassen bzw. eine bestehende Regelung anzuwenden, die der betroffenen Person zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Verantwortlichen die Kosten für eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung durch den Verantwortlichen sind, auferlegt.

Im Übrigen stellte der EuGH fest, dass der Antrag des Patienten oder der Patientin nicht zu begründen ist. Nach Ausführungen des EuGH kommt es nicht auf die Motivation des Antragstellers oder der Antragstellerin auf den Erhalt der Kopie an.

Die deutschen Aufsichtsbehörden weisen darauf hin, dass nach dem Urteil des EuGH nicht nur dringender Handlungsbedarf für den Bundesgesetzgeber besteht, § 630g Abs. 2 S. 2 BGB den Vorgaben der DS-GVO anzupassen. Auch die Berufsordnungen der Heilberufskammern enthalten regelmäßig entsprechende Regelungen zur Kostenerstattung für die Herausgabe von Kopien aus der Patientenakte (vgl. § 10 Abs. 2 a. E. Muster-Berufsordnung der Bundesärztekammer; § 12 Abs. 4 Muster-Berufsordnung der Bundeszahnärztekammer; § 11 Abs. 1 Muster-Berufsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer), die den Vorgaben der DS-GVO und der Rechtsprechung des EuGH widersprechen.

Während der Bundesgesetzgeber eine Änderung des BGB noch in dieser Legislaturperiode vornehmen wird, ist offen, ob und ggf. wann es auch zu den notwendigen berufsrechtlichen Anpassungen kommen wird. Im Sinne eines möglichst einheitlichen Rechtsrahmens und aus Gründen der Rechtsklarheit fordern die deutschen Aufsichtsbehörden daher die Heilberufskammern auf, die berufsrechtlichen Regelungen zeitnah an die Vorgaben aus der DS-GVO anzupassen. Die bestehenden zivil- und berufsrechtlichen Regelungen, die für die Bereitstellung einer Erstkopie eine Kostenpflicht für den Patienten oder die Patientin vorsehen, sind nicht anwendbar. Bis eine Änderung der jeweiligen Berufsordnung erfolgt ist, sind die Kammermitglieder über die Entscheidung des EuGH zum Anspruch des Patienten bzw. der Patientin auf eine kostenlose Kopie der Patientenakte zu informieren und zu einem rechtskonformen Vorgehen anzuhalten.