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Protokoll: 20. Sitzung des Arbeitskreises Informationsfreiheit am 1./2. Juni 2010 in Berlin

Beginn der Sitzung: Dienstag, 1. Juni 2010, 14 Uhr
Ende der Sitzung: Mittwoch, 2. Juni 2010, 12 Uhr

Anlagen:

  1. Tagesordnung
  2. Teilnehmerliste
  3. Offener Brief / LfD Bayern (zu TOP 2)
  4. Schreiben des BfDI an BT-Ausschuss (zu TOP 2)
  5. Hinweisschreiben der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin (zu TOP 5)
  6. Empfehlungen des Berliner Unterausschusses "Datenschutz und Informationsfreiheit" (zu TOP 13)

TOP 1: Informationszugang zu Stellungnahmen von Behörden gegenüber dem Petitionsausschuss / Erfahrungsaustausch

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) berichtete zur Thematik unter Bezugnahme auf das mit seiner E-Mail vom 10. Mai 2010 versandte Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hatte in dem Urteil vom 4. Juli 2007 (Az.: 11 A 184/05) festgestellt, dass einem Dritten ein Anspruch auf umfassende Akteneinsicht in einem Petitionsverfahren bzw. hilfsweise auf Zugänglichmachung der Stellungnahme eines Ministeriums aus dem Petitionsverfahren gerichtet an den Petitionsausschuss unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehe, d.h. auch weder auf der Grundlage des schleswig-holsteinischen IFG noch aus datenschutzrechtlicher Sicht.

Herr Platzek erläuterte, dass das Problem grundsätzlich entschärft sei, da ein Petent die Zusammenfassung der Stellungnahme der in einem Petitionsverfahren angehörten Behörden durch Bescheid des Petitionsausschusses erhalte. Allerdings stelle sich die Frage, ob der Petent auch einen Anspruch auf Zugang zu der vollständigen Stellungnahme der zuliefernden Behörde habe und nicht nur deren Zusammenfassung als Teil des Abschlussberichts des Petitionsausschusses beanspruchen könne.

Die AKIF-Teilnehmenden waren überwiegend der Ansicht, dass sich die Anfragenden direkt an die in einem Petitionsverfahren angehörten Behörden, d.h. an die „zuliefernden“ Behörden, wenden und dort einen Zugangsanspruch geltend machen können. Zur Begründung des Anspruches wurde zum Teil auch auf den Auskunftsanspruch des Datenschutzrechts verwiesen. Die Begründung des Informationsfreiheitsgesetzes Hamburg enthält nach Angaben der Hamburgischen Vertreter den eindeutigen Hinweis, dass zwar kein Anspruch gegenüber dem Petitionsausschuss selbst, wohl aber gegenüber anderen Stellen besteht, bei denen Unterlagen zum Verfahren vorhanden sind.

Nach überwiegender Ansicht der AKIF-Teilnehmenden handelt es sich bei Angaben der beteiligten Behörden in einem Petitionsverfahren um Entscheidungen in einem Verwaltungsverfahren, so dass die Informationsfreiheitsgesetze zur Anwendung kämen. Die Ausgangslage des Petitionsausschusses und der zuliefernden Behörde seien folglich nicht miteinander vergleichbar und eine unterschiedliche Behandlung nach Informationsfreiheitsrecht gerechtfertigt.

Frau Gardain (Berlin) wies auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgericht Berlin vom 18. Oktober 2000 (Az.: 2 M 15.00) hin. In der Sache hatte das OVG zwar bestätigt, dass ein Informationsfreiheitsanspruch gegenüber dem Petitionsausschuss nicht besteht. Allerdings stellte das Gericht ausdrücklich fest, dass der Antragssteller „aufgrund des IFG umfassende Einsichts- und Auskunftsrechte gegenüber den betroffenen Behörden, mit dem ggf. erforderlich werdenden Rechtsschutz durch die VGe und notfalls auch durch den VerfGH“ habe. Der Beschluss sei rechtskräftig.

Herr Platzek wies abschließend darauf hin, dass in Sachsen-Anhalt nach § 3 Absatz 2 IZG ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden soll, wenn in anderen als den explizit geregelten Fällen die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stellen erheblich beeinträchtigt würde, es sei denn, dass das Interesse an der Einsichtnahme das entgegenstehende öffentliche Interesse im Einzelfall überwiegt. Von diesem allgemeinen Ausschlussgrund könnten u.U. auch die zuliefernden Behörden Gebrauch machen.

TOP 2: Neuregelung der ARGEn / § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II-Entwurf

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) erläuterte den Hintergrund für eine Neuregelung der Aufgabenwahrnehmung der ARGEn. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Mischverwaltung der ARGEn für verfassungswidrig erklärt habe, sei vom Bundesrat der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingebracht worden (BR-Drs. 877/09). Der Entwurf enthalte auch eine Neuregelung zum Thema Datenschutz und Informationsfreiheit. In § 50 Abs. 4 werde geregelt, dass sich die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten durch das Zentrum für Arbeit und Grundsicherung „nach dem Datenschutzrecht des Bundes, insbesondere nach dem Zweiten Kapitel des Zehnten Buches“ richte. Weiter heißt es: „Die Datenschutzkontrolle und die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über die Informationsfreiheit beim Zentrum für Arbeit und Grundsicherung sowie für die zentralen Verfahren der Informationstechnik obliegt nach § 24 des Bundesdatenschutzgesetzes dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“.

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) erläuterte, dass im Entwurf offenbliebe, welches Informationsfreiheitsgesetz bei der Kontrolle durch den Bund anzuwenden sei. Naheliegend sei, dass das Bundes-IFG zur Anwendung kommen soll. Dies sei dem Entwurfstext allerdings nicht eindeutig zu entnehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Bayern in seinem Beschluss vom 16. Juli 2008 (5 C 08.1191) könne § 50 Abs. 4 auch dahingehend interpretiert werden, dass die IFG der jeweiligen Länder anwendbar sein sollen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass die ARGEn in den Ländern, in denen kein Informationsfreiheitsgesetz existiert, keinem Informationszugangsanspruch unterlägen. Vor diesem Hintergrund sei es sinnvoll, eine Klarstellung im Gesetzentwurf dahingehend zu erwirken, dass neben dem Datenschutzrecht des Bundes auch das Informationsfreiheitsrecht des Bundes zur Anwendung kommen soll.

Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte, dass der BfDI ebenfalls davon ausgehe, dass die Entwurfsregelung lückenhaft sei und einer Klarstellung bedürfe. Aus taktischen Gründen sei der BfDI allerdings diesbezüglich bisher zurückhaltend geblieben. Die Forderung nach der Anwendbarkeit des Bundes-IFG könne die eigene Argumentation zur Zuweisung der Datenschutzaufsicht an die Länder torpedieren.

Die AKIF-Teilnehmenden waren sich einig, dass man den fortgeschrittenen Beratungsverlauf des Gesetzentwurfs im Blick behalten müsse, um die Frage der Klarstellung der Regelung noch rechtzeitig zu thematisieren. Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass der Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause beschlossen werden soll.

Es wurde berichtet, dass der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz einen offenen Brief zum Gesetzentwurf formuliert habe, der sich unter den Landesdatenschutzbeauftragten derzeit in der Abstimmung befinde. Die endgültige Fassung soll dem Protokoll beigefügt werden (s. Anlage 3).

Die AKIF-Teilnehmenden verständigten sich darauf, zunächst abzuwarten, ob die Zuweisung der Datenschutzaufsicht aufgrund der eingebrachten Kritik abgeändert wird. Erst danach soll eine Klarstellung zur Anwendbarkeit des Bundes-IFG angeregt werden. [Letzteres wurde bereits mit Schreiben des BfDI an den BT-Ausschuss für Arbeit und Soziales vom 7. Juni 2010 erledigt, s. Anlage 4.]

TOP 3: Umgang mit sicherheitsrelevanten Informationen

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) berichtete, dass man derzeit mit der Hamburgischen Innenbehörde und den Hamburgischen Bezirksämtern gemeinsam erörtere, inwieweit Unterlagen nach dem Hamburgischen IFG herauszugeben sind, die kritische Infrastrukturen betreffen, die einem erhöhten Anschlagsrisiko ausgesetzt sein könnten (Wasserwerke, Rathaus, Parlament u.Ä.). Das Hamburgische IFG sehe einen Ausschlussgrund dafür grundsätzlich nicht vor. Vielmehr könne ein Zugangsanspruch nur verweigert werden, wenn „eine nicht unerhebliche Gefahr für die innere Sicherheit“ bestehe. Weder der Begriff der „inneren Sicherheit“ noch die nicht unerhebliche Gefährdung seien eindeutig definiert. Es stelle sich nun die Frage, ob hier ggf. gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe, und wenn ja, welche Formulierung zu empfehlen sei.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, inwieweit in den übrigen Ländern vergleichbare Regelungen beständen bzw. Ausschlussgründe so gefasst seien, dass ein Zugang zu Informationen über kritische Infrastrukturen darunter falle. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) teilte mit, dass in Sachsen-Anhalt ein Anspruch auf Informationszugang nicht bestehe, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Das Merkmal sei nach der Gesetzesbegründung weit auszulegen. Erfasst seien auch per se sensible Daten, wie z.B. Einsatzkonzepte der Polizei. Es wurde berichtet, dass sich in den IFG der Länder zum Teil Ausschlussgründe befänden, bei denen die „öffentliche Sicherheit“ als Anknüpfungspunkt dient. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit – so waren sich die AKIF-Teilnehmenden einig – umfasse einen über die „innere Sicherheit“ hinausgehenden Bereich. Frau Gardain (Berlin) wies auf die engere Formulierung in § 11 IFG Berlin hin. Danach dürfe die Akteneinsicht versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde.

Die AKIF-Teilnehmenden diskutierten, wie die Landesbeauftragten selbst mit Informationsfreiheitsanfragen umgehen sollen, die die eigenen Akten mit sicherheitsrelevanten Unterlagen beträfen. Die Thematik wurde in Bezug auf die z.B. als Teil einer Verfahrensbeschreibung vorgelegten Sicherheitskonzepte erörtert. Dabei wurde thematisiert, ob solche Unterlagen als Verschlusssache zu deklarieren seien. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) wies darauf hin, dass in einer Eilentscheidung des OVG NRW (Beschluss vom 27. Juni 2007, Az.: 8 B 922/07) die Einsicht in das Sicherheitskonzept des Transrapids unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG, d.h. wegen Gefährdung bedeutsamer Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit, verweigert worden sei. Er wies zudem darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des OVG NRW (Beschluss vom 25. März 2009, Az.: 5 B 1184/08) die Bestimmungen über die Verschwiegenheitspflicht der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Geheimhaltungsvorschriften im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes seien, die verhindern sollten, dass dienstliche Erkenntnisse unkontrolliert ausgestreut werden. Insofern bestehe bei den Datenschutzbeauftragten schon kein Informationsanspruch.

Es wurde angedacht, dass die Einsicht in ein bei einem Landesbeauftragten vorliegendes Sicherheitskonzept schon deshalb verweigert werden könne, weil die datenschutzrechtlichen Vorgaben zur Veröffentlichung des Verfahrensverzeichnisses regelmäßig die Teile des Verfahrensverzeichnisses von der Veröffentlichungspflicht explizit ausnähmen, die die IT-Sicherheit der meldenden Stelle betreffen.

Abschließend erörterten die AKIF-Teilnehmenden, wie zu entscheiden sei, wenn im Zusammenhang mit der Bearbeitung einer IFG-Eingabe die Informationsfreiheitsbeauftragten von den Behörden streitgegenständliche Unterlagen anforderten und diese zur Akte nähmen. Auch hier könnten die Petenten die Einsicht gegenüber den Informationsfreiheitsbeauftragten beantragen und damit Einsicht in solche Unterlagen begehren, bei denen gerade geprüft werde, ob die Einsicht zulässigerweise verweigert werden könne. Frau Gardain (Berlin) berichtete, dass sie in diesen Fällen bei der Behörde selbst Einsicht in die Unterlagen nähme, ohne dass diese zur eigenen Akte genommen würden. Andere AKIF-Teilnehmende erklärten, dass diese Unterlagen zumeist nur vorübergehend beigezogen würden. Damit unterfielen sie dem in vielen IFG vorgesehenen Ausschlusstatbestand, wonach ein Zugang zu „vorübergehend beigezogenen Informationen“ verweigert werden könne.

TOP 4: Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung

Herr Freund (Hamburg) erläuterte, dass an Hamburg die Frage herangetragen worden sei, inwieweit Unterlagen zu Beratungen der Landesregierung und zu deren Vorbereitung, insbesondere interministerielle Abstimmungen im Vorlauf zu einem Gesetzgebungsverfahren, dem Informationszugang unterlägen. Dem Zugangsanspruch könne dabei der Ausschlussgrund des „Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung“ entgegenstehen. In seinem Urteil vom 17. Juli 1984 (Az.: 2 BvE 11/83) habe das BVerfG auf diesen Tatbestand als Begrenzung des Auskunftsanspruchs von Untersuchungsausschüssen verwiesen und festgestellt, dass die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraussetze, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt.

Herr Freund (Hamburg) thematisierte, dass dieser Ausschlussgrund erst recht den allgemeinen Zugangsanspruch begrenze, wenn bereits die Auskunftsrechte des Untersuchungsausschusses dadurch eingeschränkt seien. Der Ausschlussgrund könne in Hamburg relevant werden, da das Hamburgische IFG den Zugang zu sämtlichen Informationen bei Behörden erfasse und nicht erst bei Unterlagen der „Verwaltungstätigkeit“ der Behörden ansetze. Das Bundesverfassungsgericht mache allerdings keine Ausführungen, welche Unterlagen konkret vom Ausschlussgrund erfasst sein können. Für Beratungen der Landesregierung könne z.B. unterschieden werden zwischen Unterlagen zur Beratung innerhalb der Ministerien im Vorfeld, Unterlagen, die Bestandteil der Senatsdrucksache seien (Gesetzentwurf und Stellungnahme der Behörde) sowie dem Protokoll der Beratung im Senat. Es stelle sich die Frage, ob der Ausschlussgrund als relativer (d.h. einer Abwägung zugänglicher) oder absoluter Geheimnisschutz zu verstehen sei.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, welche Unterlagen vom Ausschlussgrund erfasst sein könnten. Dabei bestand Einigkeit, dass sich der Ausschlussgrund jedenfalls auf sämtliche noch laufende Vorgänge beziehe. Insoweit kämen zum Teil auch geschriebene Ausschlussgründe in den IFG der Länder zum Tragen. Weiter wurde erörtert, ob bei abgeschlossenen Vorgängen ggf. nur die Unterlagen zugänglich gemacht werden können, die zur Beratung und Vorbereitung innerhalb der Ministerien erstellt wurden (z.B. die unmittelbare Senatsvorlage, nicht aber die Senatsdrucksache bzw. sonstige Unterlagen zu interministeriellen Abstimmungen). Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) nahm in diesem Zusammenhang auf das BVerfG-Urteil zum Flick-Untersuchungsausschuss (s.o.) Bezug. Dort führe das Gericht aus, dass zum Kernbereich auch die „Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht“, gehöre.

Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte, dass der Ausschlussgrund des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung keinen geschriebenen Ausschlussgrund im Bundes-IFG darstelle. Es habe Einzelfälle gegeben, in denen dieser bei den Entscheidungen des BfDI eine Rolle gespielt habe, wobei zumeist die wesentlichen Aspekte eines Ausschlusses des Zuganges bereits durch andere geschriebene Ausschlussgründe abgedeckt gewesen seien. Der BfDI sehe hierin einen relativen Ausschlussgrund, der einer Abwägung mit den Interessen des Antragstellers zugänglich sei. Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung sei in der Gesetzesbegründung zu § 4 Bundes-IFG erwähnt, der die relativen Ausschlussgründe behandelt. Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) berichtete, dass nach der Gesetzesbegründung zum IFG M-V der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Ministerien geschützt sei. Frau Seelen (NRW) erklärte, dass das IFG NRW an die Verwaltungstätigkeit von Behörden anknüpfe und daher nur entsprechende Unterlagen des Landtages vom Zugangsanspruch erfasst seien.

Frau Dr. Schultze (Bund) wies auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Dezember 2009 (Az.: 2 A 109.08) hin. Danach sei die „Regierungstätigkeit im Sinne politischer Staatslenkung nicht der öffentlichen Verwaltung zuzurechnen“. „Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes“ zwängen „angesichts der Kontrollrechte des Parlaments nicht dazu, Regierungstätigkeit dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes unterfallen zu lassen“. Der BfDI stehe dieser Rechtsprechung sehr kritisch gegenüber. Sie habe in der Praxis dazu geführt, dass sich Ministerien nicht nur im Hinblick auf Unterlagen zu Gesetzgebungsverfahren, sondern auch in darüber hinausgehenden Bereichen auf die Nichtanwendbarkeit des IFG berufen.

TOP 5: Herausgabe von Gutachten

Herr Müller (Brandenburg) berichtete, dass zum Teil die Herausgabe von extern erstellten Gutachten durch die Behörden mit dem Hinweis verweigert werde, dass die Gutachten Klauseln enthielten, die eine Weitergabe bzw. das Kopieren aus urheberrechtlichen Gründen ausschließen. Herr Müller fragte an, ob den anderen AKIF-Teilnehmenden solche Fälle bekannt bzw. welche Art Unterlagen von solchen Klauseln typischerweise betroffen seien. Zwar würde man immer darauf hinweisen, dass die Behörden bei der Vergabe von Aufträgen an Externe mitteilen müssten, dass das Informationsfreiheitsgesetz für sämtliche Unterlagen zur Anwendung käme. Dies werde allerdings nicht immer praktiziert. Er sehe dann das Dilemma, dass das IFG zwar nicht durch vertragliche Vereinbarungen solcher Urheberrechtsklauseln ausgehebelt werden könne und dürfe, sich die Behörden durch die Herausgabe von Kopien solcher Gutachten allerdings ggf. Haftungsansprüchen aussetzten.

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) wies auf einen Beschluss des OVG NRW vom 3. Mai 2010 hin (Az.: 13a F 31/09). Darin führe das Gericht aus, dass sich aus der dort in Rede stehenden Vertraulichkeitsvereinbarung als solcher kein die Verweigerung der Aktenvorlage rechtfertigender Umstand ergeben könne. Weiter führe das Gericht zum Aspekt der Schadensersatzansprüche aus: „Wenn eine vertraglich vereinbarte Vertraulichkeitsvereinbarung für sich genommen keine Bedeutung hat in Bezug auf ein mögliches Recht zur Verweigerung einer Aktenvorlage, ändert sich dieser Charakter auch durch die Betrachtung möglicher Folgen einer diese konkrete Vereinbarung betreffenden Vertragsverletzung nicht.“ Frau Gardain (Berlin) berichtete, dass nach § 13 Absatz 5 IFG Berlin von der öffentlichen Stelle (nur dann) die Einwilligung der Berechtigten einzuholen sei, soweit der Überlassung von Ablichtungen Urheberrechte entgegenstehen. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport habe hierzu ein Hinweisschreiben an die Behörden versendet (Anlage 5).

Die AKIF-Teilnehmenden diskutierten, ob das Urheberrecht bei der Erstellung von Kopien von Unterlagen verletzt sein könnte und ob die Kopien durch die Behörden bei Gewährung des Informationszuganges regelmäßig unter den Tatbestand der vom Urheberrecht ausgenommenen „Privatkopie“ gefasst werden könnten.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, ob ein Nutzungsrecht an solchen extern erstellten Gutachten auf die beauftragende Behörde übergehe und ob dieses auch die Weitergabe der Unterlagen im Rahmen des IFG erfasse. Herr Freund (Hamburg) wies in diesem Zusammenhang auf die Zweckübertragungsregel hin. Wenn keine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Gutachter und der beauftragenden Behörde getroffen werde, so sei nach der Zweckübertragungsregel davon auszugehen, dass die Behörde das Gutachten für die benötigten Zwecke nutzen dürfe. Zu diesen Zwecken gehöre auch die Überlassung der Unterlagen im Rahmen des IFG. Er berichtete von einem Urteil des EuGH vom 17. April 2008 (Az.: C-456/06). Darin führte das Gericht aus, dass eine urheberrechtliche Verbreitung eines Werkes anders als durch den Verkauf nur dann vorläge, wenn das Eigentum an diesem Gegenstand übertragen werde. „Weder der bloße Umstand, dass der Öffentlichkeit der Gebrauch von Werkstücken eines urheberrechtlich geschützten Werks ermöglicht wird, noch der Umstand, dass diese Werkstücke öffentlich gezeigt werden, ohne dass die Möglichkeit zur Benutzung der Werkstücke eingeräumt wird, stellt eine solche Verbreitungsform dar.“ Auf den Fall des IFG übertragen, bedeute dies, dass die Überlassung von Unterlagen an den Antragsteller keine urheberrechtliche „Verbreitung“ darstelle. Wenn der Bürger dann eine Kopie der ihm überlassenen Unterlagen erstelle bzw. von der Behörde erstellen lasse, so könne es sich um eine urheberrechtlich zulässige Privatkopie handeln.

Herr Müller (Brandenburg) teilte mit, dass er beabsichtige, an Behörden (unabhängig von Einzelfällen) heranzutreten und Informationen zu derartigen Klauseln in externen Gutachten und Materialien zu sammeln. Er wird zu gegebener Zeit über die Ergebnisse berichten.

TOP 6: Stand der Evaluierung des VIG / Zusammenfassung der Auskunftsrechte, Vereinheitlichung der Gebühren (IFG, VIG, UIG)

Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass die Bundesregierung zur Evaluation des VIG insgesamt drei Studien erstellen ließ. Darin würden die Veränderung der Informationskultur der für die Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung zuständigen Behörden durch das Inkrafttreten des VIG und rechtsvergleichend die VIG in verschiedenen europäischen Staaten sowie den USA untersucht. Im Rahmen der dritten Studie seien die Anwendungserfahrungen mit dem VIG ausgewertet worden. Am 10. Mai 2010 sei der Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse der Evaluation des VIG (abrufbar unter http://www.vigwirkt.de/de/vig-im-dialog/#c340) veröffentlicht worden. Der Bericht komme zu dem Ergebnis, dass sich das VIG grundsätzlich bewährt habe, unter diversen Aspekten allerdings optimierungsbedürftig sei. Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte, dass die Bundesregierung interessierten Kreisen die Gelegenheit gebe, zu dem im Bericht enthaltenen Fragenkatalog Stellung zu nehmen. Als Frist sei wohl September 2010 vorgesehen, dies würde aber noch verifiziert.

Die AKIF-Teilnehmenden meinten, dass eine Stellungnahme der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten sinnvoll sei. Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte sich bereit, einen ersten Entwurf zu erarbeiten (bis Mitte Juli 2010). Er soll dann den Informationsfreiheitsbeauftragten der Länder geschickt werden mit der Bitte um Stellungnahme/Ergänzung (bis Mitte August), so dass eine abgestimmte Fassung durch den BfDI bis September 2010 fertig gestellt werden kann. Die Stellungnahme selbst wird sodann vom (nächsten) IFK-Vorsitz an die Bundesregierung geschickt.

TOP 7: In-Camera-Verfahren im Informationsfreiheitsrecht

Frau Dr.Schultze (Bund) berichtete unter Hinweis auf den 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit (S. 25-26), dass die Gerichte zum Teil Unterlagen, deren Geheimhaltungsbedürftigkeit strittig ist, gar nicht selbst einsehen. So habe das Verwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 10. September 2008, Az.: VG 2 A 167.06) etwaige Ausschlussgründe anhand des Maßstabs geprüft, ob deren Vorliegen von der Behörde plausibel dargelegt werden könne. Nach Ansicht des Gerichts hätte es einer gerichtlichen Anforderung der fraglichen Akten nicht bedurft, denn – so das Gericht – das IFG gehe im Grundsatz davon aus, dass das Verwaltungsgericht eine Entscheidung über Umfang und Bestehen von Informationszugangsansprüchen ohne Kenntnis der streitbefangenen Unterlagen zu treffen habe. Diese Ansicht werde vom BfDI nicht geteilt. Auch stehe das Akteneinsichtsrecht des § 100 VwGO einer Einbeziehung der streitgegenständlichen Unterlagen durch das Gericht nicht entgegen. Der BfDI gehe davon aus, dass § 99 Absatz 2 VwGO zur Anwendung komme und das Gericht das In-Camera-Verfahren beschließen könne. Alles andere sei mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.

Die Ansicht des BfDI wurde von den AKIF-Teilnehmenden überwiegend geteilt. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) wies darauf hin, dass kürzlich der VGH Kassel (Beschluss vom 18. April 2010, Az.: 6 1767/08) und das OVG NRW (Beschluss vom 3. Mai 2010, Az.: 13a F 31/09) das In-Camera-Verfahren angewendet haben. Herr Dr. Schnabel (Hamburg) wies auf eine Entscheidung des BVerwG vom 19. April 2010 (Eichmann-Beschluss, Az.: 7 A 6.08) zum Bundesarchivgesetz hin, in welcher das Gericht unter Bezugnahme auf § 99 Absatz 2 VwGO die Verweigerung der Aktenvorlage für rechtswidrig erklärt hat. Zudem wies Herr Dr. Schnabel (Hamburg) auf einen Aufsatz von Walz in DÖV 2009, 623 ff. hin. In dem Artikel gehe die Autorin gar nicht mehr auf die Frage des „Ob“ eines In-Camera-Verfahrens ein, sondern setze sich lediglich mit Problemen im Verfahren selbst auseinander. Zudem wurde auf ein laufendes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. hingewiesen, in welchem das Gericht das In-Camera-Verfahren beschlossen habe.

TOP 8: Rechtmäßigkeit von Kostenvorschüssen

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten die Thematik unter Bezugnahme auf den 2. Tätigkeitsbericht des BfDI (S. 51-52).

Die Frage der Zulässigkeit eines Kostenvorschusses wird in den Ländern unterschiedlich gehandhabt. Zum Teil wird die Zulässigkeit, einen Kostenvorschuss zu verlangen, unter Hinweis auf den voraussetzungslosen Informationsfreiheitsanspruch abgelehnt. Frau Seelen (NRW) erläuterte, dass in § 16 des Gebührengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zwar die Möglichkeit eines Kostenvorschusses vorgesehen sei. § 16 sei auf die Verfahren nach IFG nach Ansicht des LDI NRW nicht anwendbar. In den Anwendungshinweisen des Innenministeriums NRW zum IFG sei Entsprechendes festgeschrieben. Frau Gardain (Berlin) erklärte, dass in § 16 IFG Berlin auf das Gesetz über Gebühren und Beiträge verwiesen werde. Dort sei in § 17 geregelt, dass eine zu Gebührenzahlung verpflichtende Leistung oder Tätigkeit von der Vorauszahlung abhängig gemacht werden könne. Dies sei – wie in anderen Verwaltungsverfahren auch – zulässig, wenn Anhaltspunkte dafür beständen, dass die Gebühr nicht beglichen werde.

Die AKIF-Teilnehmenden waren sich einig, dass ein Kostenvorschuss nicht verlangt werden kann, um einen Antragssteller von der Geltendmachung seiner Rechte nach den Informationsfreiheitsgesetzen abzuschrecken.

Die AKIF-Teilnehmenden berichteten im Übrigen, dass den Behörden empfohlen wird, dem Bürger einen Kostenvoranschlag zu erteilen, obwohl dieser rechtlich nicht verpflichtend sei.

TOP 9: Informationszugang im Stiftungsrecht

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) berichtete unter Bezugnahme auf seine E-Mail vom 4. Mai 2010, dass ein Gesetzentwurf des Innenministeriums Sachsen-Anhalt vorliege. Danach soll das Stiftungsgesetz des Landes dahingehend geändert werden, dass behördliche Unterlagen über die Anerkennung und die Beaufsichtigung der Stiftungen des bürgerlichen Rechts nicht dem IZG Sachsen-Anhalt unterliegen sollen. Bereits im Vorfeld zur Sitzung hatten einige AKIF-Mitglieder mitgeteilt, ob entsprechende Vorschriften auch in den jeweiligen Landesgesetzen vorhanden sind. Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich in allen Ländern mit IFG (mit Ausnahme von Bremen und dem Saarland) ähnliche Regelungen entweder in den jeweiligen Stiftungsgesetzen oder im IFG selbst (so etwa in Hamburg) befinden.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, ob der Ausschlussgrund grundsätzlich befürwortet werde. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) führte aus, dass zwar im Stiftungsverzeichnis bereits viele relevante Informationen veröffentlicht würden. Allerdings sei der Zugang zu den Informationen zu „Stiftungsvermögen“ und „Stiftungssatzung“ über das Stiftungsverzeichnis nicht allgemein zugänglich. Es stelle sich die Frage, ob die Herausnahme eines gesamten Bereichs aus dem Anwendungsbereich des IZG mit der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers zur Informationsfreiheit vereinbar sei. Letztlich reiche der Schutz aus, der über die Ausschlussgründe des IZG bereits existiere.

Herr Dr. Schnabel und Herr Freund (Hamburg) wiesen auf die sog. Stifterfreiheit hin und erklärten, dass ein erhebliches öffentliches Interesse daran bestehe, dass Stiftungen existieren, dass Stifter ihr eigenes Geld für wohltätige Zwecke stiften und es daher wünschenswert sei, Stifter nicht dadurch abzuschrecken, dass durch die Einsicht in die Unterlagen der Stiftungsaufsicht auch Einsicht in die Vermögensverhältnisse der Stiftung möglich seien. Es werde daher kein dringender Reformbedarf für die Hamburger Regelung gesehen. Es wurde diskutiert, ob sich ein öffentliches Interesse an der Durchführung der Aufsicht daraus ergeben könne, dass Stiftungen zum Teil steuerbegünstigt seien, oder um zu überprüfen, ob Stiftungen z.B. rechtswidrige Zwecke verfolgen.

Darüber hinaus wurde diskutiert, ob in solchen Ländern, in denen keine ausdrücklichen Regelungen existieren, nicht bereits die Ausschlusstatbestände der jeweiligen IFG ausreichenden Schutz gewähren. Hierzu wurde darauf hingewiesen, dass ein Informationszugang aufgrund des Schutzes personenbezogener Daten bzw. wegen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verweigert werden könne, zumal Stiftungen durchaus untereinander in Wettbewerb stehen könnten.

TOP 10: Forschungsprojekt „Informationsfreiheitsrechte“ (FHöV NRW)

Frau Seelen (NRW) berichtete über den Stand des Forschungsprojekts „Informationsfreiheit“, das durch die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung im Auftrag des Innenministeriums NRW durchgeführt werde. Im Rahmen des Projekts soll die Möglichkeit der Zusammenlegung sämtlicher Zugangsregelungen nach VIG, UIG, IFG und sonstiger Spezialregelungen überprüft werden. Die Forscher seien zu dem Ergebnis gekommen, dass in NRW etwa 80 spezialgesetzliche Zugangsregelungen neben den Vorgaben aus VIG, UIG und IFG existieren. Sie hätten sich für die Zusammenlegung der Vorschriften in einem Allgemeinen Informationszugangsgesetz (AIG) ausgesprochen. Damit könnten nach Ansicht der Forscher 60 der 80 spezialgesetzlichen Zugangsregelungen ersatzlos gestrichen werden. Für die übrigen 20 Spezialregelungen hätten die Forscher vorgeschlagen, die Verweisungsnormen in dem neuen AIG weiter zu fassen. Frau Seelen (NRW) erklärte, dass der LDI diese Idee angesichts des Ziels, den Bürgern den Weg zu den anwendbaren Zugangsregelungen zu erleichtern, nicht für überzeugend halte. Vielmehr sei ein AIG zu bevorzugen, in welchem die Fälle, in denen ein Spezialgesetz einschlägig sei, enumerativ mit den entsprechenden Verweisen aufgezählt werden.

Die Forscher seien nun gehalten, bis Mitte September ein Allgemeines Informationszugangsgesetz auszuformulieren. Das Innenministerium wolle grundsätzlich weitere Mittel zur Fortführung des Projekts einsetzen. Allerdings sei angesichts der unklaren Regierungssituation in NRW momentan nicht absehbar, ob die Mittel auch tatsächlich bewilligt würden. Dies soll sich Mitte Juni entscheiden. Der aktuelle Stand sei, dass das Innenministerium NRW ab September 2010 den von den Forschern formulierten AIG-Entwurf in die Ressortabstimmung einbringt. Insofern sei allerdings zu berücksichtigen, dass durch die Änderung von insgesamt 60 Spezialgesetzen sehr viele Ressorts zu beteiligen wären. Sollten die Mittel bewilligt werden, ist ein Ende des Projektes momentan nicht absehbar.

TOP 11: Veröffentlichung von Fischerei- und Agrarsubventionen

Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) fragte an, ob es einen neuen Stand im Hinblick auf eine bessere Transparenz der Webseite gebe. Frau Dr. Schultze (Bund) teilte mit, dass das Thema bei einem Gespräch zwischen Herrn Schaar mit der Staatssekretärin Klöckner (BMELV) zwar angesprochen worden sei, aber keine Verbesserung erreicht werden konnte. Die Handlungsmöglichkeiten des BfDI seien damit ausgeschöpft, zumal der Mindeststandard nach den EU-Vorgaben erfüllt werde.

TOP 12: IFG und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten

Frau Gardain (Berlin) erläuterte, dass der jahrelange Dissens mit dem RBB zur Geltung des IFG sowie der von Herrn Müller (Brandenburg) mit E-Mail vom 28. April 2010 versandte Artikel aus der FAZ Anlass zur Behandlung des TOP im AKIF geben. Wie hier schon früher berichtet, sei vom RBB zunächst noch anerkannt worden, dass das IFG grundsätzlich anwendbar sei. Später wurde allerdings vom RBB auch dies bestritten, obwohl es hierfür keine Anhaltspunkte im Gesetz gebe. Es gilt ausnahmslos für alle Anstalten des öffentlichen Rechts.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten die Thematik unter Bezugnahme auf den Artikel von Herrn Dr. Schnabel (Hamburg) in ZUM 2010, 412 ff. Herr Dr. Schnabel berichtete, dass bisher nur in zwei IFG-Ländern (Bremen und Saarland) ausdrückliche Regelungen existierten, nach denen die jeweiligen IFG auf den Rundfunk anwendbar seien, soweit durch diesen öffentliche Aufgaben wahrgenommen werden (Saarland) bzw. soweit nicht der journalistisch-redaktionelle Bereich betroffen ist (Bremen). In der Praxis träten insbesondere beim RBB und beim NDR Probleme auf. Für den RBB sei im Rundfunkstaatsvertrag Berlin-Brandenburg eindeutig geregelt, dass das Recht des Landes Berlin anwendbar sei. Für den NDR hingegen existiere eine ausdrückliche Regelung im Staatsvertrag nicht, so dass sich die Anwendbarkeit des Rechts nach dem „Sitzlandprinzip“ richte. Danach sei das Recht Hamburgs anwendbar. Auf die Anfrage durch Herrn Dr. Schnabel habe der NDR allerdings die Anwendbarkeit des IFG Hamburg verneint. Nach den Angaben des NDR spreche gegen die Anwendbarkeit des IFG, dass der NDR keiner Fachaufsicht unterliege. Außerdem sei der NDR eine „Mehrländeranstalt“, die auch das Land Niedersachsen einschließe, und in Niedersachsen existiere kein IFG.

Herr Dr. Schnabel berichtete, dass die Frage in anderen Ländern nicht so umstritten sei: Der MDR sei in Leipzig ansässig, und in Sachsen gebe es kein IFG. In Rheinland-Pfalz seien die Rundfunkanstalten explizit aus dem Anwendungsbereich des IFG ausgenommen. Diese Ausnahme werde durch das Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstraße sogar für die Landesmedienanstalt angenommen.

Frau Seelen (NRW) berichtete über ein Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 6 K 2032/08) zu einem Auskunftsanspruch gegen den WDR, auf welches in dem Aufsatz von Herrn Dr. Schnabel (Hamburg) ausführlich Bezug genommen wird. Das Gericht habe das IFG NRW zwar für grundsätzlich anwendbar gehalten, sei aber zur Vereinheitlichung mit den Wertungen im Landespressegesetz zu dem Ergebnis gelangt, dass „Verwaltungstätigkeit“ i. S. d. IFG NRW nur dann vorliege, wenn der WDR hoheitliche Tätigkeiten durchführe. Diese Entscheidung sei trotz einer (damals bevorstehenden, inzwischen in Kraft getretenen) Neuregelung in § 55a WDR-Gesetz getroffen worden. Danach findet das IFG auf den WDR Anwendung, soweit nicht der journalistisch-redaktionelle Bereich betroffen ist. Frau Seelen erläuterte, dass das Gericht in der Verhandlung eine Abgrenzung des journalistisch-redaktionellen Bereichs und der hoheitlichen Tätigkeit sowie der dazwischenliegenden „Graubereiche“ problematisiert habe. Mangels trennscharfer Kriterien sei man dann zu dem Ergebnis gekommen, den Anwendungsbereich des IFG eng zu ziehen und lediglich den Bereich der hoheitlichen Tätigkeit als Zugangsbereich anzusehen. Das WDR-Gesetz hingegen ziehe die Grenze nun weiter.

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) wies darauf hin, dass sich die Argumentation, das IFG wegen Abgrenzungsschwierigkeiten pauschal für nicht anwendbar zu erklären, als Tendenz fortentwickle. Er machte auf einen Aufsatz von zwei Mitarbeitern des hessischen Landesrechnungshofs in NVwZ-Extra 10/2010 aufmerksam, in welchem diese Argumentation in Bezug auf den Landesrechnungshof angewandt werde (frei abrufbar unter http://rsw.beck.de/rsw/upload/NVwZ/IFG-Auskunftsrechte.pdf ).

Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass im Hinblick auf die Deutsche Welle bisher keine Erfahrungen bestünden.

Die AKIF-Teilnehmenden kamen überein, dass ein Entschließungsentwurf erstellt werden soll. Herr Dr. Schnabel und Herr Freund erklärten sich bereit, einen ersten Entwurf zu fertigen, der mit Berlin abgestimmt würde – und auf Vorschlag von Herrn Müller (Brandenburg) auch mit dem Vorsitz des AK Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Aufgrund der Kürze der Zeit bis zur IFK kommt eine Abstimmung mit den übrigen AKIF-Teilnehmenden nicht in Betracht; sie wird in der IFK selbst erfolgen.

TOP 13: Aktuelle (sonstige) Berichte (Bund/Länder)

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) berichtete, dass ein Evaluierungsbogen zum IZG Sachsen-Anhalt im Ministerialblatt bekannt gemacht wurde. Das Ausführungsgesetz zum VIG werde voraussichtlich im Juni 2010 ins Parlament eingebracht. Der Entwurf eines Bewohnerschutzgesetzes sei zur Anhörung freigegeben worden. Mit dem neuen Gesetz sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die Erstellung und Veröffentlichung von Qualitätsberichten bezüglich der geprüften Einrichtungen und Wohnformen geschaffen werden (sog. Pflege-TÜV). Zum IZG Sachsen-Anhalt seien bislang vier Gerichtsentscheidungen ergangen.

Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) wies auf die am 5. Juli 2010 stattfindende Datenschutz-Fachtagung des LfDI M-V mit dem Titel „Informationsfreiheit – die nächste Generation“ hin. Zwei Gutachten von Prof. Dr. Michael Rodi zur Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern (abrufbar auf der Webseite des LfDI M-V) lägen vor. Der geplante dritte Teil der Begutachtung, der konkrete Vorschläge zur Novellierung enthalten sollte, sei vom Landtag abgelehnt worden.

Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass der 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit, der im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde, ein großes Medienecho hervorgerufen habe. Momentan sei noch offen, ob der Tätigkeitsbericht im Bundestag inhaltlich beraten werde. Sollte dies der Fall sein, sei zu hoffen, dass dann auch eine Evaluierung des Bundes-IFG angestoßen werde. Die Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts habe zu einem sprunghaften Anstieg der Eingaben geführt. Zudem berichtete Frau Dr. Schultze, dass dem BfDI in diesem Jahr Forschungsgelder zur Verfügung stünden und er beabsichtige, damit ein Forschungsprojekt zum Thema „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und Informationsfreiheit“ zu vergeben. Außerdem habe beim BfDI aufgrund des Haushaltsbeschlusses 2010 nunmehr endlich ein eigenständiges Referat Informationsfreiheit eingerichtet werden können.

Herr Knauth (Saarland) berichtete, dass der Landtag am 19. Mai 2010 Frau Judith Thieser zur neuen Landesbeauftragten gewählt habe. Für dieses Jahr stünde die Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes an, die sich voraussichtlich in einer statistischen Erhebung über die Anzahl der Anträge und deren Verfahrensergebnis erschöpfe. Die Federführung für die Evaluierung liege beim Innenministerium. Die Landesbeauftragte habe eine Mitwirkung angeboten, aber bisher keine Rückmeldung erhalten, so dass zu erwarten sei, dass die Evaluierung ohne Beteiligung der Landesbeauftragten durchgeführt werde. Der Bestand des Informationsfreiheitsgesetzes sei im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

Herr Müller (Brandenburg) berichtete, dass der Tätigkeitsbericht für das Jahr 2008/2009 Ende März veröffentlicht worden sei. Schwerpunktmäßig werde im IFG-Teil die Offenlegung von Verträgen der öffentlichen Hand mit Unternehmen behandelt und insbesondere aufgezeigt, dass die Anwendung der verschiedenen Gesetze (AIG, UIG) zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Das Internationale Symposium zum Thema Verbraucherinformation wird voraussichtlich Ende Mai 2011 stattfinden.

Frau Seelen (NRW) berichtete, dass die Landesregierung Ende letzten Jahres ihrer Berichtspflicht gegenüber dem Landtag zum Informationsfreiheitsgesetz nachgekommen sei. Die Landesregierung habe mitgeteilt, dass sich das Gesetz bewährt habe und es derzeit keinen Novellierungsbedarf gebe. Der nächste Bericht stehe zum Ende des Jahres 2014 an.

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) berichtete von einem hohen Aufkommen von Kleinen Anfragen in der Bürgerschaft zur Informationsfreiheit. Zudem berichtete er von einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Januar 2010 (Az.: 7 K 539/08). Das Gericht hatte die Verfassungsmäßigkeit der Ausschlussklausel im Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz bestätigt, nach der Informationen nicht herausgegeben werden müssen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Arbeitsgruppe Scientology stehen. Der Hamburger LfDI wolle im Übrigen zukünftig die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Informationsfreiheit verstärken und zu diesem Zweck insbesondere an Verbände, Kammern und Schulen herantreten.

Frau Gardain (Berlin) berichtete über die Beschlussempfehlungen des Unterausschusses „Datenschutz und Informationsfreiheit“ des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 4. Mai 2010 (Auszug s. Anlage 6). Die einstimmigen Empfehlungen hätten den Innenausschuss bereits passiert und würden am 17. Juni 2010 im Plenum beschlossen. Als Konsequenz der Entscheidung des VerfGH zur Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ haben die Regierungsfraktionen sowie Bündnis 90/Die Grünen bereits im Januar jeweils eine Änderung des IFG eingebracht, mit der für mehr Transparenz insbesondere bei Verträgen der öffentlichen Hand über die Grundversorgung der Bevölkerung gesorgt werden soll. Offenbar gebe es auch einen konsolidierten Entwurf, der derzeit dem Wissenschaftlichen Parlamentsdienst zur Prüfung vorliegt. Mit einer Änderung des IFG sei vor der parlamentarischen Sommerpause nicht zu rechnen. [Zwischenzeitlich haben die Fraktion der SPD, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke einen gemeinsamen Entwurf zur Änderung des IFG erarbeitet, der im Unterausschuss „Datenschutz und Informationsfreiheit“ am 15. Juni 2010 beraten wird, so dass mit einer Änderung des IFG nun doch noch vor der parlamentarischen Sommerpause zu rechnen ist.]

Im Übrigen berichtete Frau Gardain unter Bezugnahme auf die sog. „Maserati-Affäre“ der Berliner Treberhilfe, dass derzeit ein Verhaltenskodex zur Transparenz für gemeinnützige Organisationen im Sozialbereich diskutiert werde. Nach den Plänen der zuständigen Senatorin soll ab 1. Januar 2011 eine öffentliche Datenbank online gehen, die über Vergütungen, Einkünfte und Organisationsstruktur sozialer Träger Auskunft gebe. Abschließend berichtete Frau Gardain von dem Wohnteilhabegesetz, das das Bundesheimgesetz ablöst und am 1. Juli 2010 in Kraft tritt. Darin ist u.a. geregelt, dass Prüfberichte der Aufsichtsbehörden bei stationärer Pflege und betreuten Wohneinheiten offenzulegen sind.

TOP 14: Verschiedenes

Herr Hüsgen (Transparency International Deutschland) bat um eine Einschätzung der Vertreter der Länder und des Bundes zur Resonanz auf die Informationsfreiheitsgesetze und zum Umfang der Inanspruchnahme der Informationsfreiheitsrechte (insbesondere unter dem Aspekt der Korruptionsbekämpfung). Insgesamt bestand Konsens, dass die Gesetze insbesondere im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch relativ jung seien und noch weitere Zeit notwendig sei, die Informationsfreiheitsrechte im Bewusstsein der Bürger fest zu verankern.

Herr Müller (Brandenburg) teilte mit, dass die nächste AKIF-Sitzung am 2./3. November 2010 in Kleinmachnow stattfindet. Die IFK ist für den 13. Dezember 2010 vorgesehen.


Kamp

Beginn der Sitzung: Dienstag, 1. Juni 2010, 14 Uhr
Ende der Sitzung: Mittwoch, 2. Juni 2010, 12 Uhr

Anlagen:

  1. Tagesordnung
  2. Teilnehmerliste
  3. Offener Brief / LfD Bayern (zu TOP 2)
  4. Schreiben des BfDI an BT-Ausschuss (zu TOP 2)
  5. Hinweisschreiben der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin (zu TOP 5)
  6. Empfehlungen des Berliner Unterausschusses "Datenschutz und Informationsfreiheit" (zu TOP 13)

TOP 1: Informationszugang zu Stellungnahmen von Behörden gegenüber dem Petitionsausschuss / Erfahrungsaustausch

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) berichtete zur Thematik unter Bezugnahme auf das mit seiner E-Mail vom 10. Mai 2010 versandte Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hatte in dem Urteil vom 4. Juli 2007 (Az.: 11 A 184/05) festgestellt, dass einem Dritten ein Anspruch auf umfassende Akteneinsicht in einem Petitionsverfahren bzw. hilfsweise auf Zugänglichmachung der Stellungnahme eines Ministeriums aus dem Petitionsverfahren gerichtet an den Petitionsausschuss unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehe, d.h. auch weder auf der Grundlage des schleswig-holsteinischen IFG noch aus datenschutzrechtlicher Sicht.

Herr Platzek erläuterte, dass das Problem grundsätzlich entschärft sei, da ein Petent die Zusammenfassung der Stellungnahme der in einem Petitionsverfahren angehörten Behörden durch Bescheid des Petitionsausschusses erhalte. Allerdings stelle sich die Frage, ob der Petent auch einen Anspruch auf Zugang zu der vollständigen Stellungnahme der zuliefernden Behörde habe und nicht nur deren Zusammenfassung als Teil des Abschlussberichts des Petitionsausschusses beanspruchen könne.

Die AKIF-Teilnehmenden waren überwiegend der Ansicht, dass sich die Anfragenden direkt an die in einem Petitionsverfahren angehörten Behörden, d.h. an die „zuliefernden“ Behörden, wenden und dort einen Zugangsanspruch geltend machen können. Zur Begründung des Anspruches wurde zum Teil auch auf den Auskunftsanspruch des Datenschutzrechts verwiesen. Die Begründung des Informationsfreiheitsgesetzes Hamburg enthält nach Angaben der Hamburgischen Vertreter den eindeutigen Hinweis, dass zwar kein Anspruch gegenüber dem Petitionsausschuss selbst, wohl aber gegenüber anderen Stellen besteht, bei denen Unterlagen zum Verfahren vorhanden sind.

Nach überwiegender Ansicht der AKIF-Teilnehmenden handelt es sich bei Angaben der beteiligten Behörden in einem Petitionsverfahren um Entscheidungen in einem Verwaltungsverfahren, so dass die Informationsfreiheitsgesetze zur Anwendung kämen. Die Ausgangslage des Petitionsausschusses und der zuliefernden Behörde seien folglich nicht miteinander vergleichbar und eine unterschiedliche Behandlung nach Informationsfreiheitsrecht gerechtfertigt.

Frau Gardain (Berlin) wies auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgericht Berlin vom 18. Oktober 2000 (Az.: 2 M 15.00) hin. In der Sache hatte das OVG zwar bestätigt, dass ein Informationsfreiheitsanspruch gegenüber dem Petitionsausschuss nicht besteht. Allerdings stellte das Gericht ausdrücklich fest, dass der Antragssteller „aufgrund des IFG umfassende Einsichts- und Auskunftsrechte gegenüber den betroffenen Behörden, mit dem ggf. erforderlich werdenden Rechtsschutz durch die VGe und notfalls auch durch den VerfGH“ habe. Der Beschluss sei rechtskräftig.

Herr Platzek wies abschließend darauf hin, dass in Sachsen-Anhalt nach § 3 Absatz 2 IZG ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden soll, wenn in anderen als den explizit geregelten Fällen die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stellen erheblich beeinträchtigt würde, es sei denn, dass das Interesse an der Einsichtnahme das entgegenstehende öffentliche Interesse im Einzelfall überwiegt. Von diesem allgemeinen Ausschlussgrund könnten u.U. auch die zuliefernden Behörden Gebrauch machen.

TOP 2: Neuregelung der ARGEn / § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II-Entwurf

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) erläuterte den Hintergrund für eine Neuregelung der Aufgabenwahrnehmung der ARGEn. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Mischverwaltung der ARGEn für verfassungswidrig erklärt habe, sei vom Bundesrat der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingebracht worden (BR-Drs. 877/09). Der Entwurf enthalte auch eine Neuregelung zum Thema Datenschutz und Informationsfreiheit. In § 50 Abs. 4 werde geregelt, dass sich die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten durch das Zentrum für Arbeit und Grundsicherung „nach dem Datenschutzrecht des Bundes, insbesondere nach dem Zweiten Kapitel des Zehnten Buches“ richte. Weiter heißt es: „Die Datenschutzkontrolle und die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über die Informationsfreiheit beim Zentrum für Arbeit und Grundsicherung sowie für die zentralen Verfahren der Informationstechnik obliegt nach § 24 des Bundesdatenschutzgesetzes dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“.

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) erläuterte, dass im Entwurf offenbliebe, welches Informationsfreiheitsgesetz bei der Kontrolle durch den Bund anzuwenden sei. Naheliegend sei, dass das Bundes-IFG zur Anwendung kommen soll. Dies sei dem Entwurfstext allerdings nicht eindeutig zu entnehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Bayern in seinem Beschluss vom 16. Juli 2008 (5 C 08.1191) könne § 50 Abs. 4 auch dahingehend interpretiert werden, dass die IFG der jeweiligen Länder anwendbar sein sollen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass die ARGEn in den Ländern, in denen kein Informationsfreiheitsgesetz existiert, keinem Informationszugangsanspruch unterlägen. Vor diesem Hintergrund sei es sinnvoll, eine Klarstellung im Gesetzentwurf dahingehend zu erwirken, dass neben dem Datenschutzrecht des Bundes auch das Informationsfreiheitsrecht des Bundes zur Anwendung kommen soll.

Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte, dass der BfDI ebenfalls davon ausgehe, dass die Entwurfsregelung lückenhaft sei und einer Klarstellung bedürfe. Aus taktischen Gründen sei der BfDI allerdings diesbezüglich bisher zurückhaltend geblieben. Die Forderung nach der Anwendbarkeit des Bundes-IFG könne die eigene Argumentation zur Zuweisung der Datenschutzaufsicht an die Länder torpedieren.

Die AKIF-Teilnehmenden waren sich einig, dass man den fortgeschrittenen Beratungsverlauf des Gesetzentwurfs im Blick behalten müsse, um die Frage der Klarstellung der Regelung noch rechtzeitig zu thematisieren. Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass der Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause beschlossen werden soll.

Es wurde berichtet, dass der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz einen offenen Brief zum Gesetzentwurf formuliert habe, der sich unter den Landesdatenschutzbeauftragten derzeit in der Abstimmung befinde. Die endgültige Fassung soll dem Protokoll beigefügt werden (s. Anlage 3).

Die AKIF-Teilnehmenden verständigten sich darauf, zunächst abzuwarten, ob die Zuweisung der Datenschutzaufsicht aufgrund der eingebrachten Kritik abgeändert wird. Erst danach soll eine Klarstellung zur Anwendbarkeit des Bundes-IFG angeregt werden. [Letzteres wurde bereits mit Schreiben des BfDI an den BT-Ausschuss für Arbeit und Soziales vom 7. Juni 2010 erledigt, s. Anlage 4.]

TOP 3: Umgang mit sicherheitsrelevanten Informationen

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) berichtete, dass man derzeit mit der Hamburgischen Innenbehörde und den Hamburgischen Bezirksämtern gemeinsam erörtere, inwieweit Unterlagen nach dem Hamburgischen IFG herauszugeben sind, die kritische Infrastrukturen betreffen, die einem erhöhten Anschlagsrisiko ausgesetzt sein könnten (Wasserwerke, Rathaus, Parlament u.Ä.). Das Hamburgische IFG sehe einen Ausschlussgrund dafür grundsätzlich nicht vor. Vielmehr könne ein Zugangsanspruch nur verweigert werden, wenn „eine nicht unerhebliche Gefahr für die innere Sicherheit“ bestehe. Weder der Begriff der „inneren Sicherheit“ noch die nicht unerhebliche Gefährdung seien eindeutig definiert. Es stelle sich nun die Frage, ob hier ggf. gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe, und wenn ja, welche Formulierung zu empfehlen sei.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, inwieweit in den übrigen Ländern vergleichbare Regelungen beständen bzw. Ausschlussgründe so gefasst seien, dass ein Zugang zu Informationen über kritische Infrastrukturen darunter falle. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) teilte mit, dass in Sachsen-Anhalt ein Anspruch auf Informationszugang nicht bestehe, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden könne. Das Merkmal sei nach der Gesetzesbegründung weit auszulegen. Erfasst seien auch per se sensible Daten, wie z.B. Einsatzkonzepte der Polizei. Es wurde berichtet, dass sich in den IFG der Länder zum Teil Ausschlussgründe befänden, bei denen die „öffentliche Sicherheit“ als Anknüpfungspunkt dient. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit – so waren sich die AKIF-Teilnehmenden einig – umfasse einen über die „innere Sicherheit“ hinausgehenden Bereich. Frau Gardain (Berlin) wies auf die engere Formulierung in § 11 IFG Berlin hin. Danach dürfe die Akteneinsicht versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde.

Die AKIF-Teilnehmenden diskutierten, wie die Landesbeauftragten selbst mit Informationsfreiheitsanfragen umgehen sollen, die die eigenen Akten mit sicherheitsrelevanten Unterlagen beträfen. Die Thematik wurde in Bezug auf die z.B. als Teil einer Verfahrensbeschreibung vorgelegten Sicherheitskonzepte erörtert. Dabei wurde thematisiert, ob solche Unterlagen als Verschlusssache zu deklarieren seien. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) wies darauf hin, dass in einer Eilentscheidung des OVG NRW (Beschluss vom 27. Juni 2007, Az.: 8 B 922/07) die Einsicht in das Sicherheitskonzept des Transrapids unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG, d.h. wegen Gefährdung bedeutsamer Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit, verweigert worden sei. Er wies zudem darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des OVG NRW (Beschluss vom 25. März 2009, Az.: 5 B 1184/08) die Bestimmungen über die Verschwiegenheitspflicht der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Geheimhaltungsvorschriften im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes seien, die verhindern sollten, dass dienstliche Erkenntnisse unkontrolliert ausgestreut werden. Insofern bestehe bei den Datenschutzbeauftragten schon kein Informationsanspruch.

Es wurde angedacht, dass die Einsicht in ein bei einem Landesbeauftragten vorliegendes Sicherheitskonzept schon deshalb verweigert werden könne, weil die datenschutzrechtlichen Vorgaben zur Veröffentlichung des Verfahrensverzeichnisses regelmäßig die Teile des Verfahrensverzeichnisses von der Veröffentlichungspflicht explizit ausnähmen, die die IT-Sicherheit der meldenden Stelle betreffen.

Abschließend erörterten die AKIF-Teilnehmenden, wie zu entscheiden sei, wenn im Zusammenhang mit der Bearbeitung einer IFG-Eingabe die Informationsfreiheitsbeauftragten von den Behörden streitgegenständliche Unterlagen anforderten und diese zur Akte nähmen. Auch hier könnten die Petenten die Einsicht gegenüber den Informationsfreiheitsbeauftragten beantragen und damit Einsicht in solche Unterlagen begehren, bei denen gerade geprüft werde, ob die Einsicht zulässigerweise verweigert werden könne. Frau Gardain (Berlin) berichtete, dass sie in diesen Fällen bei der Behörde selbst Einsicht in die Unterlagen nähme, ohne dass diese zur eigenen Akte genommen würden. Andere AKIF-Teilnehmende erklärten, dass diese Unterlagen zumeist nur vorübergehend beigezogen würden. Damit unterfielen sie dem in vielen IFG vorgesehenen Ausschlusstatbestand, wonach ein Zugang zu „vorübergehend beigezogenen Informationen“ verweigert werden könne.

TOP 4: Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung

Herr Freund (Hamburg) erläuterte, dass an Hamburg die Frage herangetragen worden sei, inwieweit Unterlagen zu Beratungen der Landesregierung und zu deren Vorbereitung, insbesondere interministerielle Abstimmungen im Vorlauf zu einem Gesetzgebungsverfahren, dem Informationszugang unterlägen. Dem Zugangsanspruch könne dabei der Ausschlussgrund des „Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung“ entgegenstehen. In seinem Urteil vom 17. Juli 1984 (Az.: 2 BvE 11/83) habe das BVerfG auf diesen Tatbestand als Begrenzung des Auskunftsanspruchs von Untersuchungsausschüssen verwiesen und festgestellt, dass die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraussetze, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt.

Herr Freund (Hamburg) thematisierte, dass dieser Ausschlussgrund erst recht den allgemeinen Zugangsanspruch begrenze, wenn bereits die Auskunftsrechte des Untersuchungsausschusses dadurch eingeschränkt seien. Der Ausschlussgrund könne in Hamburg relevant werden, da das Hamburgische IFG den Zugang zu sämtlichen Informationen bei Behörden erfasse und nicht erst bei Unterlagen der „Verwaltungstätigkeit“ der Behörden ansetze. Das Bundesverfassungsgericht mache allerdings keine Ausführungen, welche Unterlagen konkret vom Ausschlussgrund erfasst sein können. Für Beratungen der Landesregierung könne z.B. unterschieden werden zwischen Unterlagen zur Beratung innerhalb der Ministerien im Vorfeld, Unterlagen, die Bestandteil der Senatsdrucksache seien (Gesetzentwurf und Stellungnahme der Behörde) sowie dem Protokoll der Beratung im Senat. Es stelle sich die Frage, ob der Ausschlussgrund als relativer (d.h. einer Abwägung zugänglicher) oder absoluter Geheimnisschutz zu verstehen sei.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, welche Unterlagen vom Ausschlussgrund erfasst sein könnten. Dabei bestand Einigkeit, dass sich der Ausschlussgrund jedenfalls auf sämtliche noch laufende Vorgänge beziehe. Insoweit kämen zum Teil auch geschriebene Ausschlussgründe in den IFG der Länder zum Tragen. Weiter wurde erörtert, ob bei abgeschlossenen Vorgängen ggf. nur die Unterlagen zugänglich gemacht werden können, die zur Beratung und Vorbereitung innerhalb der Ministerien erstellt wurden (z.B. die unmittelbare Senatsvorlage, nicht aber die Senatsdrucksache bzw. sonstige Unterlagen zu interministeriellen Abstimmungen). Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) nahm in diesem Zusammenhang auf das BVerfG-Urteil zum Flick-Untersuchungsausschuss (s.o.) Bezug. Dort führe das Gericht aus, dass zum Kernbereich auch die „Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht“, gehöre.

Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte, dass der Ausschlussgrund des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung keinen geschriebenen Ausschlussgrund im Bundes-IFG darstelle. Es habe Einzelfälle gegeben, in denen dieser bei den Entscheidungen des BfDI eine Rolle gespielt habe, wobei zumeist die wesentlichen Aspekte eines Ausschlusses des Zuganges bereits durch andere geschriebene Ausschlussgründe abgedeckt gewesen seien. Der BfDI sehe hierin einen relativen Ausschlussgrund, der einer Abwägung mit den Interessen des Antragstellers zugänglich sei. Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung sei in der Gesetzesbegründung zu § 4 Bundes-IFG erwähnt, der die relativen Ausschlussgründe behandelt. Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) berichtete, dass nach der Gesetzesbegründung zum IFG M-V der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Ministerien geschützt sei. Frau Seelen (NRW) erklärte, dass das IFG NRW an die Verwaltungstätigkeit von Behörden anknüpfe und daher nur entsprechende Unterlagen des Landtages vom Zugangsanspruch erfasst seien.

Frau Dr. Schultze (Bund) wies auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Dezember 2009 (Az.: 2 A 109.08) hin. Danach sei die „Regierungstätigkeit im Sinne politischer Staatslenkung nicht der öffentlichen Verwaltung zuzurechnen“. „Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes“ zwängen „angesichts der Kontrollrechte des Parlaments nicht dazu, Regierungstätigkeit dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes unterfallen zu lassen“. Der BfDI stehe dieser Rechtsprechung sehr kritisch gegenüber. Sie habe in der Praxis dazu geführt, dass sich Ministerien nicht nur im Hinblick auf Unterlagen zu Gesetzgebungsverfahren, sondern auch in darüber hinausgehenden Bereichen auf die Nichtanwendbarkeit des IFG berufen.

TOP 5: Herausgabe von Gutachten

Herr Müller (Brandenburg) berichtete, dass zum Teil die Herausgabe von extern erstellten Gutachten durch die Behörden mit dem Hinweis verweigert werde, dass die Gutachten Klauseln enthielten, die eine Weitergabe bzw. das Kopieren aus urheberrechtlichen Gründen ausschließen. Herr Müller fragte an, ob den anderen AKIF-Teilnehmenden solche Fälle bekannt bzw. welche Art Unterlagen von solchen Klauseln typischerweise betroffen seien. Zwar würde man immer darauf hinweisen, dass die Behörden bei der Vergabe von Aufträgen an Externe mitteilen müssten, dass das Informationsfreiheitsgesetz für sämtliche Unterlagen zur Anwendung käme. Dies werde allerdings nicht immer praktiziert. Er sehe dann das Dilemma, dass das IFG zwar nicht durch vertragliche Vereinbarungen solcher Urheberrechtsklauseln ausgehebelt werden könne und dürfe, sich die Behörden durch die Herausgabe von Kopien solcher Gutachten allerdings ggf. Haftungsansprüchen aussetzten.

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) wies auf einen Beschluss des OVG NRW vom 3. Mai 2010 hin (Az.: 13a F 31/09). Darin führe das Gericht aus, dass sich aus der dort in Rede stehenden Vertraulichkeitsvereinbarung als solcher kein die Verweigerung der Aktenvorlage rechtfertigender Umstand ergeben könne. Weiter führe das Gericht zum Aspekt der Schadensersatzansprüche aus: „Wenn eine vertraglich vereinbarte Vertraulichkeitsvereinbarung für sich genommen keine Bedeutung hat in Bezug auf ein mögliches Recht zur Verweigerung einer Aktenvorlage, ändert sich dieser Charakter auch durch die Betrachtung möglicher Folgen einer diese konkrete Vereinbarung betreffenden Vertragsverletzung nicht.“ Frau Gardain (Berlin) berichtete, dass nach § 13 Absatz 5 IFG Berlin von der öffentlichen Stelle (nur dann) die Einwilligung der Berechtigten einzuholen sei, soweit der Überlassung von Ablichtungen Urheberrechte entgegenstehen. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport habe hierzu ein Hinweisschreiben an die Behörden versendet (Anlage 5).

Die AKIF-Teilnehmenden diskutierten, ob das Urheberrecht bei der Erstellung von Kopien von Unterlagen verletzt sein könnte und ob die Kopien durch die Behörden bei Gewährung des Informationszuganges regelmäßig unter den Tatbestand der vom Urheberrecht ausgenommenen „Privatkopie“ gefasst werden könnten.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, ob ein Nutzungsrecht an solchen extern erstellten Gutachten auf die beauftragende Behörde übergehe und ob dieses auch die Weitergabe der Unterlagen im Rahmen des IFG erfasse. Herr Freund (Hamburg) wies in diesem Zusammenhang auf die Zweckübertragungsregel hin. Wenn keine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Gutachter und der beauftragenden Behörde getroffen werde, so sei nach der Zweckübertragungsregel davon auszugehen, dass die Behörde das Gutachten für die benötigten Zwecke nutzen dürfe. Zu diesen Zwecken gehöre auch die Überlassung der Unterlagen im Rahmen des IFG. Er berichtete von einem Urteil des EuGH vom 17. April 2008 (Az.: C-456/06). Darin führte das Gericht aus, dass eine urheberrechtliche Verbreitung eines Werkes anders als durch den Verkauf nur dann vorläge, wenn das Eigentum an diesem Gegenstand übertragen werde. „Weder der bloße Umstand, dass der Öffentlichkeit der Gebrauch von Werkstücken eines urheberrechtlich geschützten Werks ermöglicht wird, noch der Umstand, dass diese Werkstücke öffentlich gezeigt werden, ohne dass die Möglichkeit zur Benutzung der Werkstücke eingeräumt wird, stellt eine solche Verbreitungsform dar.“ Auf den Fall des IFG übertragen, bedeute dies, dass die Überlassung von Unterlagen an den Antragsteller keine urheberrechtliche „Verbreitung“ darstelle. Wenn der Bürger dann eine Kopie der ihm überlassenen Unterlagen erstelle bzw. von der Behörde erstellen lasse, so könne es sich um eine urheberrechtlich zulässige Privatkopie handeln.

Herr Müller (Brandenburg) teilte mit, dass er beabsichtige, an Behörden (unabhängig von Einzelfällen) heranzutreten und Informationen zu derartigen Klauseln in externen Gutachten und Materialien zu sammeln. Er wird zu gegebener Zeit über die Ergebnisse berichten.

TOP 6: Stand der Evaluierung des VIG / Zusammenfassung der Auskunftsrechte, Vereinheitlichung der Gebühren (IFG, VIG, UIG)

Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass die Bundesregierung zur Evaluation des VIG insgesamt drei Studien erstellen ließ. Darin würden die Veränderung der Informationskultur der für die Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung zuständigen Behörden durch das Inkrafttreten des VIG und rechtsvergleichend die VIG in verschiedenen europäischen Staaten sowie den USA untersucht. Im Rahmen der dritten Studie seien die Anwendungserfahrungen mit dem VIG ausgewertet worden. Am 10. Mai 2010 sei der Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse der Evaluation des VIG (abrufbar unter http://www.vigwirkt.de/de/vig-im-dialog/#c340) veröffentlicht worden. Der Bericht komme zu dem Ergebnis, dass sich das VIG grundsätzlich bewährt habe, unter diversen Aspekten allerdings optimierungsbedürftig sei. Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte, dass die Bundesregierung interessierten Kreisen die Gelegenheit gebe, zu dem im Bericht enthaltenen Fragenkatalog Stellung zu nehmen. Als Frist sei wohl September 2010 vorgesehen, dies würde aber noch verifiziert.

Die AKIF-Teilnehmenden meinten, dass eine Stellungnahme der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten sinnvoll sei. Frau Dr. Schultze (Bund) erklärte sich bereit, einen ersten Entwurf zu erarbeiten (bis Mitte Juli 2010). Er soll dann den Informationsfreiheitsbeauftragten der Länder geschickt werden mit der Bitte um Stellungnahme/Ergänzung (bis Mitte August), so dass eine abgestimmte Fassung durch den BfDI bis September 2010 fertig gestellt werden kann. Die Stellungnahme selbst wird sodann vom (nächsten) IFK-Vorsitz an die Bundesregierung geschickt.

TOP 7: In-Camera-Verfahren im Informationsfreiheitsrecht

Frau Dr.Schultze (Bund) berichtete unter Hinweis auf den 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit (S. 25-26), dass die Gerichte zum Teil Unterlagen, deren Geheimhaltungsbedürftigkeit strittig ist, gar nicht selbst einsehen. So habe das Verwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 10. September 2008, Az.: VG 2 A 167.06) etwaige Ausschlussgründe anhand des Maßstabs geprüft, ob deren Vorliegen von der Behörde plausibel dargelegt werden könne. Nach Ansicht des Gerichts hätte es einer gerichtlichen Anforderung der fraglichen Akten nicht bedurft, denn – so das Gericht – das IFG gehe im Grundsatz davon aus, dass das Verwaltungsgericht eine Entscheidung über Umfang und Bestehen von Informationszugangsansprüchen ohne Kenntnis der streitbefangenen Unterlagen zu treffen habe. Diese Ansicht werde vom BfDI nicht geteilt. Auch stehe das Akteneinsichtsrecht des § 100 VwGO einer Einbeziehung der streitgegenständlichen Unterlagen durch das Gericht nicht entgegen. Der BfDI gehe davon aus, dass § 99 Absatz 2 VwGO zur Anwendung komme und das Gericht das In-Camera-Verfahren beschließen könne. Alles andere sei mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.

Die Ansicht des BfDI wurde von den AKIF-Teilnehmenden überwiegend geteilt. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) wies darauf hin, dass kürzlich der VGH Kassel (Beschluss vom 18. April 2010, Az.: 6 1767/08) und das OVG NRW (Beschluss vom 3. Mai 2010, Az.: 13a F 31/09) das In-Camera-Verfahren angewendet haben. Herr Dr. Schnabel (Hamburg) wies auf eine Entscheidung des BVerwG vom 19. April 2010 (Eichmann-Beschluss, Az.: 7 A 6.08) zum Bundesarchivgesetz hin, in welcher das Gericht unter Bezugnahme auf § 99 Absatz 2 VwGO die Verweigerung der Aktenvorlage für rechtswidrig erklärt hat. Zudem wies Herr Dr. Schnabel (Hamburg) auf einen Aufsatz von Walz in DÖV 2009, 623 ff. hin. In dem Artikel gehe die Autorin gar nicht mehr auf die Frage des „Ob“ eines In-Camera-Verfahrens ein, sondern setze sich lediglich mit Problemen im Verfahren selbst auseinander. Zudem wurde auf ein laufendes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. hingewiesen, in welchem das Gericht das In-Camera-Verfahren beschlossen habe.

TOP 8: Rechtmäßigkeit von Kostenvorschüssen

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten die Thematik unter Bezugnahme auf den 2. Tätigkeitsbericht des BfDI (S. 51-52).

Die Frage der Zulässigkeit eines Kostenvorschusses wird in den Ländern unterschiedlich gehandhabt. Zum Teil wird die Zulässigkeit, einen Kostenvorschuss zu verlangen, unter Hinweis auf den voraussetzungslosen Informationsfreiheitsanspruch abgelehnt. Frau Seelen (NRW) erläuterte, dass in § 16 des Gebührengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zwar die Möglichkeit eines Kostenvorschusses vorgesehen sei. § 16 sei auf die Verfahren nach IFG nach Ansicht des LDI NRW nicht anwendbar. In den Anwendungshinweisen des Innenministeriums NRW zum IFG sei Entsprechendes festgeschrieben. Frau Gardain (Berlin) erklärte, dass in § 16 IFG Berlin auf das Gesetz über Gebühren und Beiträge verwiesen werde. Dort sei in § 17 geregelt, dass eine zu Gebührenzahlung verpflichtende Leistung oder Tätigkeit von der Vorauszahlung abhängig gemacht werden könne. Dies sei – wie in anderen Verwaltungsverfahren auch – zulässig, wenn Anhaltspunkte dafür beständen, dass die Gebühr nicht beglichen werde.

Die AKIF-Teilnehmenden waren sich einig, dass ein Kostenvorschuss nicht verlangt werden kann, um einen Antragssteller von der Geltendmachung seiner Rechte nach den Informationsfreiheitsgesetzen abzuschrecken.

Die AKIF-Teilnehmenden berichteten im Übrigen, dass den Behörden empfohlen wird, dem Bürger einen Kostenvoranschlag zu erteilen, obwohl dieser rechtlich nicht verpflichtend sei.

TOP 9: Informationszugang im Stiftungsrecht

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) berichtete unter Bezugnahme auf seine E-Mail vom 4. Mai 2010, dass ein Gesetzentwurf des Innenministeriums Sachsen-Anhalt vorliege. Danach soll das Stiftungsgesetz des Landes dahingehend geändert werden, dass behördliche Unterlagen über die Anerkennung und die Beaufsichtigung der Stiftungen des bürgerlichen Rechts nicht dem IZG Sachsen-Anhalt unterliegen sollen. Bereits im Vorfeld zur Sitzung hatten einige AKIF-Mitglieder mitgeteilt, ob entsprechende Vorschriften auch in den jeweiligen Landesgesetzen vorhanden sind. Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich in allen Ländern mit IFG (mit Ausnahme von Bremen und dem Saarland) ähnliche Regelungen entweder in den jeweiligen Stiftungsgesetzen oder im IFG selbst (so etwa in Hamburg) befinden.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten, ob der Ausschlussgrund grundsätzlich befürwortet werde. Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) führte aus, dass zwar im Stiftungsverzeichnis bereits viele relevante Informationen veröffentlicht würden. Allerdings sei der Zugang zu den Informationen zu „Stiftungsvermögen“ und „Stiftungssatzung“ über das Stiftungsverzeichnis nicht allgemein zugänglich. Es stelle sich die Frage, ob die Herausnahme eines gesamten Bereichs aus dem Anwendungsbereich des IZG mit der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers zur Informationsfreiheit vereinbar sei. Letztlich reiche der Schutz aus, der über die Ausschlussgründe des IZG bereits existiere.

Herr Dr. Schnabel und Herr Freund (Hamburg) wiesen auf die sog. Stifterfreiheit hin und erklärten, dass ein erhebliches öffentliches Interesse daran bestehe, dass Stiftungen existieren, dass Stifter ihr eigenes Geld für wohltätige Zwecke stiften und es daher wünschenswert sei, Stifter nicht dadurch abzuschrecken, dass durch die Einsicht in die Unterlagen der Stiftungsaufsicht auch Einsicht in die Vermögensverhältnisse der Stiftung möglich seien. Es werde daher kein dringender Reformbedarf für die Hamburger Regelung gesehen. Es wurde diskutiert, ob sich ein öffentliches Interesse an der Durchführung der Aufsicht daraus ergeben könne, dass Stiftungen zum Teil steuerbegünstigt seien, oder um zu überprüfen, ob Stiftungen z.B. rechtswidrige Zwecke verfolgen.

Darüber hinaus wurde diskutiert, ob in solchen Ländern, in denen keine ausdrücklichen Regelungen existieren, nicht bereits die Ausschlusstatbestände der jeweiligen IFG ausreichenden Schutz gewähren. Hierzu wurde darauf hingewiesen, dass ein Informationszugang aufgrund des Schutzes personenbezogener Daten bzw. wegen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verweigert werden könne, zumal Stiftungen durchaus untereinander in Wettbewerb stehen könnten.

TOP 10: Forschungsprojekt „Informationsfreiheitsrechte“ (FHöV NRW)

Frau Seelen (NRW) berichtete über den Stand des Forschungsprojekts „Informationsfreiheit“, das durch die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung im Auftrag des Innenministeriums NRW durchgeführt werde. Im Rahmen des Projekts soll die Möglichkeit der Zusammenlegung sämtlicher Zugangsregelungen nach VIG, UIG, IFG und sonstiger Spezialregelungen überprüft werden. Die Forscher seien zu dem Ergebnis gekommen, dass in NRW etwa 80 spezialgesetzliche Zugangsregelungen neben den Vorgaben aus VIG, UIG und IFG existieren. Sie hätten sich für die Zusammenlegung der Vorschriften in einem Allgemeinen Informationszugangsgesetz (AIG) ausgesprochen. Damit könnten nach Ansicht der Forscher 60 der 80 spezialgesetzlichen Zugangsregelungen ersatzlos gestrichen werden. Für die übrigen 20 Spezialregelungen hätten die Forscher vorgeschlagen, die Verweisungsnormen in dem neuen AIG weiter zu fassen. Frau Seelen (NRW) erklärte, dass der LDI diese Idee angesichts des Ziels, den Bürgern den Weg zu den anwendbaren Zugangsregelungen zu erleichtern, nicht für überzeugend halte. Vielmehr sei ein AIG zu bevorzugen, in welchem die Fälle, in denen ein Spezialgesetz einschlägig sei, enumerativ mit den entsprechenden Verweisen aufgezählt werden.

Die Forscher seien nun gehalten, bis Mitte September ein Allgemeines Informationszugangsgesetz auszuformulieren. Das Innenministerium wolle grundsätzlich weitere Mittel zur Fortführung des Projekts einsetzen. Allerdings sei angesichts der unklaren Regierungssituation in NRW momentan nicht absehbar, ob die Mittel auch tatsächlich bewilligt würden. Dies soll sich Mitte Juni entscheiden. Der aktuelle Stand sei, dass das Innenministerium NRW ab September 2010 den von den Forschern formulierten AIG-Entwurf in die Ressortabstimmung einbringt. Insofern sei allerdings zu berücksichtigen, dass durch die Änderung von insgesamt 60 Spezialgesetzen sehr viele Ressorts zu beteiligen wären. Sollten die Mittel bewilligt werden, ist ein Ende des Projektes momentan nicht absehbar.

TOP 11: Veröffentlichung von Fischerei- und Agrarsubventionen

Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) fragte an, ob es einen neuen Stand im Hinblick auf eine bessere Transparenz der Webseite gebe. Frau Dr. Schultze (Bund) teilte mit, dass das Thema bei einem Gespräch zwischen Herrn Schaar mit der Staatssekretärin Klöckner (BMELV) zwar angesprochen worden sei, aber keine Verbesserung erreicht werden konnte. Die Handlungsmöglichkeiten des BfDI seien damit ausgeschöpft, zumal der Mindeststandard nach den EU-Vorgaben erfüllt werde.

TOP 12: IFG und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten

Frau Gardain (Berlin) erläuterte, dass der jahrelange Dissens mit dem RBB zur Geltung des IFG sowie der von Herrn Müller (Brandenburg) mit E-Mail vom 28. April 2010 versandte Artikel aus der FAZ Anlass zur Behandlung des TOP im AKIF geben. Wie hier schon früher berichtet, sei vom RBB zunächst noch anerkannt worden, dass das IFG grundsätzlich anwendbar sei. Später wurde allerdings vom RBB auch dies bestritten, obwohl es hierfür keine Anhaltspunkte im Gesetz gebe. Es gilt ausnahmslos für alle Anstalten des öffentlichen Rechts.

Die AKIF-Teilnehmenden erörterten die Thematik unter Bezugnahme auf den Artikel von Herrn Dr. Schnabel (Hamburg) in ZUM 2010, 412 ff. Herr Dr. Schnabel berichtete, dass bisher nur in zwei IFG-Ländern (Bremen und Saarland) ausdrückliche Regelungen existierten, nach denen die jeweiligen IFG auf den Rundfunk anwendbar seien, soweit durch diesen öffentliche Aufgaben wahrgenommen werden (Saarland) bzw. soweit nicht der journalistisch-redaktionelle Bereich betroffen ist (Bremen). In der Praxis träten insbesondere beim RBB und beim NDR Probleme auf. Für den RBB sei im Rundfunkstaatsvertrag Berlin-Brandenburg eindeutig geregelt, dass das Recht des Landes Berlin anwendbar sei. Für den NDR hingegen existiere eine ausdrückliche Regelung im Staatsvertrag nicht, so dass sich die Anwendbarkeit des Rechts nach dem „Sitzlandprinzip“ richte. Danach sei das Recht Hamburgs anwendbar. Auf die Anfrage durch Herrn Dr. Schnabel habe der NDR allerdings die Anwendbarkeit des IFG Hamburg verneint. Nach den Angaben des NDR spreche gegen die Anwendbarkeit des IFG, dass der NDR keiner Fachaufsicht unterliege. Außerdem sei der NDR eine „Mehrländeranstalt“, die auch das Land Niedersachsen einschließe, und in Niedersachsen existiere kein IFG.

Herr Dr. Schnabel berichtete, dass die Frage in anderen Ländern nicht so umstritten sei: Der MDR sei in Leipzig ansässig, und in Sachsen gebe es kein IFG. In Rheinland-Pfalz seien die Rundfunkanstalten explizit aus dem Anwendungsbereich des IFG ausgenommen. Diese Ausnahme werde durch das Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstraße sogar für die Landesmedienanstalt angenommen.

Frau Seelen (NRW) berichtete über ein Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 6 K 2032/08) zu einem Auskunftsanspruch gegen den WDR, auf welches in dem Aufsatz von Herrn Dr. Schnabel (Hamburg) ausführlich Bezug genommen wird. Das Gericht habe das IFG NRW zwar für grundsätzlich anwendbar gehalten, sei aber zur Vereinheitlichung mit den Wertungen im Landespressegesetz zu dem Ergebnis gelangt, dass „Verwaltungstätigkeit“ i. S. d. IFG NRW nur dann vorliege, wenn der WDR hoheitliche Tätigkeiten durchführe. Diese Entscheidung sei trotz einer (damals bevorstehenden, inzwischen in Kraft getretenen) Neuregelung in § 55a WDR-Gesetz getroffen worden. Danach findet das IFG auf den WDR Anwendung, soweit nicht der journalistisch-redaktionelle Bereich betroffen ist. Frau Seelen erläuterte, dass das Gericht in der Verhandlung eine Abgrenzung des journalistisch-redaktionellen Bereichs und der hoheitlichen Tätigkeit sowie der dazwischenliegenden „Graubereiche“ problematisiert habe. Mangels trennscharfer Kriterien sei man dann zu dem Ergebnis gekommen, den Anwendungsbereich des IFG eng zu ziehen und lediglich den Bereich der hoheitlichen Tätigkeit als Zugangsbereich anzusehen. Das WDR-Gesetz hingegen ziehe die Grenze nun weiter.

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) wies darauf hin, dass sich die Argumentation, das IFG wegen Abgrenzungsschwierigkeiten pauschal für nicht anwendbar zu erklären, als Tendenz fortentwickle. Er machte auf einen Aufsatz von zwei Mitarbeitern des hessischen Landesrechnungshofs in NVwZ-Extra 10/2010 aufmerksam, in welchem diese Argumentation in Bezug auf den Landesrechnungshof angewandt werde (frei abrufbar unter http://rsw.beck.de/rsw/upload/NVwZ/IFG-Auskunftsrechte.pdf ).

Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass im Hinblick auf die Deutsche Welle bisher keine Erfahrungen bestünden.

Die AKIF-Teilnehmenden kamen überein, dass ein Entschließungsentwurf erstellt werden soll. Herr Dr. Schnabel und Herr Freund erklärten sich bereit, einen ersten Entwurf zu fertigen, der mit Berlin abgestimmt würde – und auf Vorschlag von Herrn Müller (Brandenburg) auch mit dem Vorsitz des AK Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Aufgrund der Kürze der Zeit bis zur IFK kommt eine Abstimmung mit den übrigen AKIF-Teilnehmenden nicht in Betracht; sie wird in der IFK selbst erfolgen.

TOP 13: Aktuelle (sonstige) Berichte (Bund/Länder)

Herr Platzek (Sachsen-Anhalt) berichtete, dass ein Evaluierungsbogen zum IZG Sachsen-Anhalt im Ministerialblatt bekannt gemacht wurde. Das Ausführungsgesetz zum VIG werde voraussichtlich im Juni 2010 ins Parlament eingebracht. Der Entwurf eines Bewohnerschutzgesetzes sei zur Anhörung freigegeben worden. Mit dem neuen Gesetz sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die Erstellung und Veröffentlichung von Qualitätsberichten bezüglich der geprüften Einrichtungen und Wohnformen geschaffen werden (sog. Pflege-TÜV). Zum IZG Sachsen-Anhalt seien bislang vier Gerichtsentscheidungen ergangen.

Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) wies auf die am 5. Juli 2010 stattfindende Datenschutz-Fachtagung des LfDI M-V mit dem Titel „Informationsfreiheit – die nächste Generation“ hin. Zwei Gutachten von Prof. Dr. Michael Rodi zur Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern (abrufbar auf der Webseite des LfDI M-V) lägen vor. Der geplante dritte Teil der Begutachtung, der konkrete Vorschläge zur Novellierung enthalten sollte, sei vom Landtag abgelehnt worden.

Frau Dr. Schultze (Bund) berichtete, dass der 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit, der im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde, ein großes Medienecho hervorgerufen habe. Momentan sei noch offen, ob der Tätigkeitsbericht im Bundestag inhaltlich beraten werde. Sollte dies der Fall sein, sei zu hoffen, dass dann auch eine Evaluierung des Bundes-IFG angestoßen werde. Die Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts habe zu einem sprunghaften Anstieg der Eingaben geführt. Zudem berichtete Frau Dr. Schultze, dass dem BfDI in diesem Jahr Forschungsgelder zur Verfügung stünden und er beabsichtige, damit ein Forschungsprojekt zum Thema „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und Informationsfreiheit“ zu vergeben. Außerdem habe beim BfDI aufgrund des Haushaltsbeschlusses 2010 nunmehr endlich ein eigenständiges Referat Informationsfreiheit eingerichtet werden können.

Herr Knauth (Saarland) berichtete, dass der Landtag am 19. Mai 2010 Frau Judith Thieser zur neuen Landesbeauftragten gewählt habe. Für dieses Jahr stünde die Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes an, die sich voraussichtlich in einer statistischen Erhebung über die Anzahl der Anträge und deren Verfahrensergebnis erschöpfe. Die Federführung für die Evaluierung liege beim Innenministerium. Die Landesbeauftragte habe eine Mitwirkung angeboten, aber bisher keine Rückmeldung erhalten, so dass zu erwarten sei, dass die Evaluierung ohne Beteiligung der Landesbeauftragten durchgeführt werde. Der Bestand des Informationsfreiheitsgesetzes sei im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

Herr Müller (Brandenburg) berichtete, dass der Tätigkeitsbericht für das Jahr 2008/2009 Ende März veröffentlicht worden sei. Schwerpunktmäßig werde im IFG-Teil die Offenlegung von Verträgen der öffentlichen Hand mit Unternehmen behandelt und insbesondere aufgezeigt, dass die Anwendung der verschiedenen Gesetze (AIG, UIG) zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Das Internationale Symposium zum Thema Verbraucherinformation wird voraussichtlich Ende Mai 2011 stattfinden.

Frau Seelen (NRW) berichtete, dass die Landesregierung Ende letzten Jahres ihrer Berichtspflicht gegenüber dem Landtag zum Informationsfreiheitsgesetz nachgekommen sei. Die Landesregierung habe mitgeteilt, dass sich das Gesetz bewährt habe und es derzeit keinen Novellierungsbedarf gebe. Der nächste Bericht stehe zum Ende des Jahres 2014 an.

Herr Dr. Schnabel (Hamburg) berichtete von einem hohen Aufkommen von Kleinen Anfragen in der Bürgerschaft zur Informationsfreiheit. Zudem berichtete er von einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Januar 2010 (Az.: 7 K 539/08). Das Gericht hatte die Verfassungsmäßigkeit der Ausschlussklausel im Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz bestätigt, nach der Informationen nicht herausgegeben werden müssen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Arbeitsgruppe Scientology stehen. Der Hamburger LfDI wolle im Übrigen zukünftig die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Informationsfreiheit verstärken und zu diesem Zweck insbesondere an Verbände, Kammern und Schulen herantreten.

Frau Gardain (Berlin) berichtete über die Beschlussempfehlungen des Unterausschusses „Datenschutz und Informationsfreiheit“ des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 4. Mai 2010 (Auszug s. Anlage 6). Die einstimmigen Empfehlungen hätten den Innenausschuss bereits passiert und würden am 17. Juni 2010 im Plenum beschlossen. Als Konsequenz der Entscheidung des VerfGH zur Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ haben die Regierungsfraktionen sowie Bündnis 90/Die Grünen bereits im Januar jeweils eine Änderung des IFG eingebracht, mit der für mehr Transparenz insbesondere bei Verträgen der öffentlichen Hand über die Grundversorgung der Bevölkerung gesorgt werden soll. Offenbar gebe es auch einen konsolidierten Entwurf, der derzeit dem Wissenschaftlichen Parlamentsdienst zur Prüfung vorliegt. Mit einer Änderung des IFG sei vor der parlamentarischen Sommerpause nicht zu rechnen. [Zwischenzeitlich haben die Fraktion der SPD, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke einen gemeinsamen Entwurf zur Änderung des IFG erarbeitet, der im Unterausschuss „Datenschutz und Informationsfreiheit“ am 15. Juni 2010 beraten wird, so dass mit einer Änderung des IFG nun doch noch vor der parlamentarischen Sommerpause zu rechnen ist.]

Im Übrigen berichtete Frau Gardain unter Bezugnahme auf die sog. „Maserati-Affäre“ der Berliner Treberhilfe, dass derzeit ein Verhaltenskodex zur Transparenz für gemeinnützige Organisationen im Sozialbereich diskutiert werde. Nach den Plänen der zuständigen Senatorin soll ab 1. Januar 2011 eine öffentliche Datenbank online gehen, die über Vergütungen, Einkünfte und Organisationsstruktur sozialer Träger Auskunft gebe. Abschließend berichtete Frau Gardain von dem Wohnteilhabegesetz, das das Bundesheimgesetz ablöst und am 1. Juli 2010 in Kraft tritt. Darin ist u.a. geregelt, dass Prüfberichte der Aufsichtsbehörden bei stationärer Pflege und betreuten Wohneinheiten offenzulegen sind.

TOP 14: Verschiedenes

Herr Hüsgen (Transparency International Deutschland) bat um eine Einschätzung der Vertreter der Länder und des Bundes zur Resonanz auf die Informationsfreiheitsgesetze und zum Umfang der Inanspruchnahme der Informationsfreiheitsrechte (insbesondere unter dem Aspekt der Korruptionsbekämpfung). Insgesamt bestand Konsens, dass die Gesetze insbesondere im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch relativ jung seien und noch weitere Zeit notwendig sei, die Informationsfreiheitsrechte im Bewusstsein der Bürger fest zu verankern.

Herr Müller (Brandenburg) teilte mit, dass die nächste AKIF-Sitzung am 2./3. November 2010 in Kleinmachnow stattfindet. Die IFK ist für den 13. Dezember 2010 vorgesehen.


Kamp

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