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Protokoll der 20. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten am 24. Juni 2010 in Berlin

TOP 1: IFG und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten

Die Entschließung wurde von Vertretern des LfDI Hamburg entworfen und dann mit dem BlnBDI sowie mit der Vorsitzenden des AK Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, Frau Hartge (Brandenburg), abgestimmt. Sie hatte angeregt, in der Entschließung zu verdeutlichen, dass die Informationsfreiheitsbeauftragten nicht in das Medienprivileg eingreifen.

Die Entschließung wurde in der Konferenz einstimmig angenommen (siehe Anlage 3).

TOP 2: Stand der Evaluierung des VIG / Zusammenfassung der Auskunftsrechte, Vereinheitlichung der Gebühren (IFG, VIG, UIG)

Herr Schaar (Bund) berichtete, dass im Innenausschuss derzeit eine Evaluierung des Bundes- IFG zwischen den Fraktionen diskutiert werde. Der BfDI habe dazu eine Stellungnahme verfasst. Herr Schaar sagte zu, diese im Nachgang zur Sitzung der IFK an die Teilnehmenden zu versenden.

Herr Schaar teilte mit, dass der BfDI – wie zuvor im AKIF vereinbart – einen ersten Entwurf einer Stellungnahme der IFK zu dem im Mai 2010 veröffentlichten Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse der Evaluation des VIG erarbeiten und diesen bis Mitte Juli 2010 an die Länder versenden werde.

Die Konferenz erörterte in Grundzügen, welche Aspekte in der Stellungnahme berücksichtigt werden sollten, und verständigten sich auf die wesentlichen Eckpunkte:

Zunächst wurde diskutiert, ob die IFK fordern soll, dass die Zuständigkeit der Informationsfreiheitsbeauftragten bei einer Zusammenfassung der Zugangsrechte explizit gesetzlich festgelegt wird. Dabei wurde problematisiert, dass für den Fall, dass diese Forderung nicht aufgegriffen bzw. die Zusammenlegung der Zugangsrechte nicht vollzogen wird, eine negative Auswirkung auf die in vielen Ländern faktisch übernommene Zuständigkeit in den Bereichen UIG und VIG nicht auszuschließen sei. Es wurde vereinbart, dies im Rahmen der Abstimmung über den Entwurf einer Stellungnahme zum Evaluierungsbericht erneut zu thematisieren.

Die Konferenz diskutierte, ob eine Bezugnahme auf die in dem Bericht der Bundesregierung vorgeschlagene Option 1 (sog. „große Lösung“) sinnvoll sei. Die Schaffung eines bundesweit einheitlichen Informationszugangsgesetzes wurde überwiegend nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer zweifelhaften Bundesgesetzgebungskompetenz für unrealistisch gehalten. Man verständigte sich deshalb darauf, dass sich die Stellungnahme der IFK an der Option 2 („Modellgesetz“) orientieren sollte. Danach soll der Bund horizontal die drei Zugangsrechte aus VIG, UIG und IFG in einem Gesetz zusammenführen und spezialgesetzlich darüber hinausgehende Zugangsansprüche unberührt lassen. Dieses Gesetz kann dann als Vorbild für die Länder dienen.

Die Konferenz erörterte die Zugangsrechte zu weiteren verbraucherrelevanten Bereichen. Dabei wurde besprochen, dass Zugangsrechte im Bereich der Tätigkeit des BSI, der Arzneimittelaufsicht, der Finanzdienstleistungsaufsicht sowie in den Bereichen der Energieinformations- und Telekommunikationsnetze in der Stellungnahme thematisiert werden sollen.

Es wurde vorgeschlagen, in die Stellungnahme als Randnotiz aufzunehmen, dass die Informationsfreiheitsbeauftragten die generelle Ausklammerung von Privatunternehmen aus dem Anwendungsbereich des IFG kritisieren.

Herr Dr. Dix (Berlin) machte die Teilnehmenden auf das „Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht“ aufmerksam. Dieses wird u.a. von Herrn Schaar und Herrn Dr. Dix herausgegeben. Zurzeit wird die Ausgabe für das Jahr 2010 erarbeitet. Herr Dr. Dix ermunterte die Kolleginnen und Kollegen, Beiträge über Probleme aus der Praxis für das Jahrbuch zu schreiben bzw. „einzuwerben“.

Exkurs: „Stresstests“ von Banken

Aus aktuellem Anlass berichtete Herr Dr. Dix (Berlin) über den Beschluss in der EU, die Ergebnisse sogenannter „Stresstests“ von Banken, bei denen die Belastbarkeit der Finanzinstitute gemessen wird, zusammen mit den nach dem Test als notwendig erkannten Hilfsmaßnahmen nach europaweit einheitlichen Kriterien zu veröffentlichen.

Herr Dr. Dix (Berlin) schlug vor, dass dieses Vorgehen als positiver Schritt in der Pressemitteilung über die IFK-Sitzung Erwähnung finden sollte. Die Konferenz hielt dies insbesondere vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussion über die Zugangsrechte bei Informationen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für sinnvoll.

TOP 3: Neuregelung der ARGEn / § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II-Entwurf

In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Bundestages vom 16. Juni 2010 (BT-Drs. 17/2188) ist der Gesetzentwurf zur Neuregelung der ARGEn dahingehend ergänzt worden, dass sich der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber der gemeinsamen Einrichtung nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes richtet. Diese Regelung gilt nicht für Options-Kommunen, die nach wie vor die Informationsfreiheitsgesetze der Länder zu beachten haben.

TOP 4: Wikileaks, Legalleaks, „Befreite Dokumente“ und ähnliche Initiativen

Herr Dr. Dix (Berlin) erläuterte kurz das Konzept von Wikileaks (bekannt durch die Veröffentlichung eines Videos der amerikanischen Streitkräfte aus dem Irak-Krieg) und berichtete von einer Entschließung des isländischen Parlaments für ein neues Gesetz zur Medien-und Datenfreiheit. Durch diesen Beschluss erhalte das Konzept von Wikileaks in Island eine staatliche Billigung. Anstoß für den Beschluss des isländischen Parlaments hat die sog. „Icelandic Modern Media Initiative“ (IMMI) gegeben, hinter der unter anderen auch Vertreter von Wikileaks stehen. Der Beschluss sieht insbesondere eine Verbesserung des Schutzes von Quellen und „Whistleblowern“ sowie eine enge Verzahnung mit dem isländischen Informationsfreiheitsgesetz vor. Zugangsrechte nach dem Informationsfreiheitsrecht sollen nicht durch absolute Ausnahmetatbestände eingeschränkt, sondern sämtlich unter den Vorbehalt der Interessenabwägung gestellt werden. Der Entwurf der Entschließung ist auf Englisch im Internet abrufbar (siehe http://immi.is/ ).

Die Konferenz tauschte sich grundsätzlich über das isländische Konzept aus. Dabei wurden zunächst die isländischen Ansätze zur Erweiterung des Informationsfreiheitsrechts erörtert. Frau Dr. Sommer (Bremen) sah eine Parallele zu dem in Bremen bestehenden zentralen Informationsregister, in welchem Dokumente, die zu veröffentlichen sind, und Dokumente, die die Verwaltung veröffentlichen will, zur Verfügung gestellt werden. Sie befürwortete die Idee, dass in einem vergleichbaren Portal von Bürgerinnen und Bürgern pro-aktiv Dokumente in ein Tool eingestellt werden können, deren Veröffentlichung aber von der öffentlichen Hand gesteuert wird. Dies hätte den Vorteil, dass die Dokumente über eine zuverlässige technische Infrastruktur (Thesaurus) recherchierbar wären. Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete, dass die Regierung in England dazu übergegangen ist, Dokumente in ein Portal öffentlich einzustellen, das dem Nutzer einen assoziativen Zugang zu den Veröffentlichungen ermöglicht. So könnten die Nutzer z.B. Zusammenhänge herstellen, die vor der Suche noch gar nicht in Betracht gezogen wurden und nach denen auch nicht konkret recherchiert wurde (zur „OpenGovernment“- bzw. „Open-Data“-Bewegung vergleiche
www.data.gov.uk,
www.netzpolitik.org/tag/opengovernment,
www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,704878,00.html).

Für problematisch hielt die Konferenz einen strikten Schutz der Anonymität von „Whistleblowern“. In diesem Zusammenhang wurde auf die Gefahr der Verleumdung und weltweiten öffentlichen Bloßstellung hingewiesen (z.B. die Veröffentlichung von Dokumenten bei Wikileaks über den Gesundheitszustand von Steve Jobs und die Behauptung, dieser sei HIV-positiv). Herr Dr. Weichert (Schleswig-Holstein) begrüßte den Ansatz, dass der speziell im Bereich des Presserechts geltende Quellenschutz an technische Gegebenheiten angepasst und Informationsportale entsprechend rechtlich geschützt werden. Die Konferenz erörterte zudem den Ansatz eines generellen Abwägungsvorbehalts bei Ausnahmetatbeständen. Herr Lepper (NRW) gab zu bedenken, dass es nicht unproblematisch sei, wenn eine Abwägung von Interessen nicht auch legislatorisch entschieden werden könne, sondern immer einer nachgeschalteten Einzelfallabwägung zugänglich gemacht werde.

In der weiteren Diskussion wurde insbesondere problematisiert, ob der Staat eine Erweiterung des Informationszuganges auch außerhalb des gesetzlich geschaffenen Bereichs bzw. über eine zentralisierte Zurverfügungstellung von „befreiten Dokumenten“ hinaus unterstützen sollte. Dabei wurde erörtert, ob eine staatliche Teilnahme an solchen Portalen befürwortet werden könne, die die Veröffentlichung von sämtlichen Dokumenten vorsehe, z.B. auch solchen, die nicht auf legalem Weg zugänglich sind. Die Konferenz war der Ansicht, dass staatliche Stellen bei der Unterstützung solcher Konzepte eher zurückhaltend sein sollten. Die Informationsportale stammten von privaten Initiativen und unterlägen dem „freien Spiel der Kräfte“, d.h. sie seien eher ethischen und weltanschaulichen Vorstellungen als rechtlichen Wertungen unterworfen. Zudem würden auch Informationen zu Privaten veröffentlicht. Staatliche Stellen hingegen müssten die Gesetze beachten, so dass Konflikte, z.B. auch vor dem Hintergrund von möglichen Verletzungen von Persönlichkeitsrechten, nicht immer zugunsten der Transparenz aufgelöst werden könnten. Mit einer Befürwortung der Veröffentlichung von „nicht befreiten Dokumenten“ würden zwangsläufig auch rechtswidrige Beschaffungswege abgesegnet.

Die Konferenz hielt es für sinnvoll, das Thema insgesamt in der öffentlichen Diskussion voranzubringen. Dabei sollten nicht allein Fragen eines zentralisierten Serviceportals erörtert, sondern insbesondere auch Portale wie Wikileaks unter dem Gesichtspunkt Datenschutz kontra Informationsfreiheit thematisiert werden. Herr Schaar (Bund) schlug vor, ggf. im Rahmen eines Informationsfreiheitssymposiums im kommenden Jahr die Thematik aufzugreifen und breiter zu diskutieren.

TOP 5: „Eichmann-Beschluss“ des Bundesverwaltungsgerichts

Herr Dr. Dix (Berlin) nahm Bezug auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. April 2010 („Eichmann-Beschluss“, Az.: 7 A 6.08). Das Gericht hatte festgestellt, dass ein Pauschalverweis auf eine Sperrvorschrift nicht ausreicht, um die Vorlage von Dokumenten im Rechtsstreit zu verweigern, und daraufhin das In-Camera-Verfahren angeordnet. Herr Dr. Dix berichtete, dass die Historiker darüber klagten, dass die Tendenz bei den Archiven bestehe, eher mehr als zu wenig geheim zu halten. Vor diesem Hintergrund machte er auf eine Pressemeldung aufmerksam, nach der ein Historiker errechnet haben soll, dass ca. 7,5 Millionen Geheimakten in den Archiven des Bundes lagern (abrufbar unter http://www.heise.de/newsticker/meldung/Historiker-Bund-haelt-7-5-Millionen-Akten-geheim-1025712.html)

Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete, dass es 2007 Gespräche zwischen den Informationsfreiheitsbeauftragten und der AG der Archivleiter gegeben habe. Dabei haben die Informationsfreiheitsbeauftragten insbesondere die „abfallende Transparenz“ von Unterlagen problematisiert: Es bestünde grundsätzlich ein voraussetzungsloser Zugangsanspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen für Dokumente, die in der Verwaltung benötigt werden bzw. dort vorhanden sind; sobald die Dokumente allerdings archiviert sind, unterlägen sie dem Rechtsregime der Archivgesetze und den dort geltenden Sperrfristen. Die Informationsfreiheitsbeauf- tragten hatten deshalb eine materielle Harmonisierung der Archivgesetze und der Informationsfreiheitsgesetze angestrebt. Die Archivare hatten ein Bedürfnis für eine Angleichung der Vorschriften mit der Begründung einer unterschiedlichen Aufgabenstellung abgelehnt. In der Praxis kommt es allerdings kaum zu Konfliktfällen, da die Archivare Dokumente, zu denen nach dem Informationsfreiheitsrecht schon einmal Zugang bestanden hat, regelmäßig auch nach dem Archivrecht herausgeben.

Die Konferenz hält eine Wiederaufnahme der Gespräche mit den Archivaren anlässlich des Gerichtsbeschlusses für nicht notwendig. Es bestand Einigkeit, dass der weitere Aspekt der Entscheidung, d.h. die Anordnung eines In-Camera-Verfahrens, stärker in die Öffentlichkeit getragen werden sollte. Zwar betreffe die Entscheidung das Archivrecht. Die Konstellation sei aber mit solchen im Informationsfreiheitsrecht vergleichbar.

TOP 6: Aktuelle (sonstige) Berichte (Bund / Länder)

Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete vom aktuellen Stand der Änderungen des Berliner IFG. Der gemeinsame Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zur Änderung des IFG werde voraussichtlich im Innenausschuss Ende Juni beschlossen. Im Wesentlichen haben öffentliche Stellen beim Abschluss von Verträgen künftig sicherzustellen, dass die Bestimmungen des Vertrages dem Informationsfreiheitsgesetz nicht entgegenstehen. Bei Altverträgen, in denen ggf. Vertraulichkeitsvereinbarungen enthalten sind, muss die öffentliche Stelle nachverhandeln und auf diesem Wege versuchen, eine Freigabe für die Dokumente vom Vertragspartner zu erhalten. Kann innerhalb von sechs Monaten nach Zugang der Aufforderung zur Nachverhandlung keine Einigung erzielt werden, wird Akteneinsicht oder Aktenauskunft gewährt, wenn das Informationsinteresse das private Geheimhaltungsinteresse erheblich überwiegt. Darüber hinaus beinhaltet der Änderungsentwurf, dass die Verträge aktiv zu veröffentlichen sind, wenn ein öffentliches Informationsinteresse besteht. Dem BlnBDI wird zuvor die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. [Zwischenzeitlich hat das Abgeordnetenhaus von Berlin die IFG-Änderungen beschlossen, siehe Anlage 4.]

Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete zudem über die geplante Veröffentlichung von öffentlichen Zuwendungen an Sozialträger in einer zentralen Datenbank und wies auf die Tätigkeiten einer privaten Initiative hin (die „transparente Zivilgesellschaft“: (www.transparente-zivilgesellschaft.de), deren Mitglieder (d.h. im Sozialbereich tätige Stellen) sich einer eigenen Veröffentlichungspraxis unterwerfen.

Herr Dr. Weichert (Schleswig-Holstein) berichtete, dass in der Koalitionsvereinbarung in Schleswig-Holstein eine Zusammenlegung von UIG und IFG vereinbart ist. Diese wird vom Umweltministerium abgelehnt, weil dann beim Umweltministerium keine Zuständigkeit für Umweltinformationsansprüche mehr bestände. Das ULD habe eigene Vorschläge zur Umsetzung gemacht und berate auf dieser Grundlage die Fraktionen.

Herr Dr. von Bose (Sachsen-Anhalt) berichtete, dass der Entwurf des neuen Stiftungsgesetzes (LT-Drs. 5/2651) nunmehr im Landtag vorliege. Der Entwurf nehme Unterlagen zu Genehmigungen über Stiftungen des bürgerlichen Rechts vom Zugangsanspruch nach dem IZG LSA aus. Zudem sei das Ausführungsgesetz zum VIG in das Landesparlament eingebracht (LT- Drs. 5/2652). Herr Dr. von Bose wies darauf hin, dass im Herbst 2010 sein Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsrecht erscheine. Er berichtete zudem über die mündliche Verhandlung des BVerfG zum Gentechnikgesetz am 23. Juni 2010 in Karlsruhe, bei welcher das Standortregister von gentechnisch veränderten Organismen verhandelt wurde. Auch wies Herr Dr. von Bose darauf hin, dass sich die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof in dem Vorlageverfahren (Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden -6 K 1045/08.WI -) gegen die Veröffentlichung von Subventionsempfängern ausgesprochen habe.

Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) berichtete, dass der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit in Mecklenburg-Vorpommern den zweiten selbständigen Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit erstellt habe, der am 1. Juli 2010 der Presse vorgestellt wird. Auf Nachfrage erläuterte Frau Schäfer, dass der dritte Teil der Evaluierung des IFG vom Landtag abgelehnt worden sei. Konkrete Vorschläge zur Novellierung sollen nun vom Landesbeauftragten gemacht werden. Außerdem wies Frau Schäfer auf die Fachtagung am 5. Juli 2010 in Schwerin hin und berichtete von folgendem Sachverhalt: Ein Strafgefangener hatte Zugang zu der Information verlangt, wie viele Polizeikräfte beim Besuch des damaligen US-Präsidenten George W. Bush aus anderen Bundesländern zur Verfügung gestellt wurden. Der Antrag sei vom Innenministerium abgelehnt worden, woraufhin der Antragsteller geklagt habe. Die mündliche Verhandlung sei für den 27. August 2010 anberaumt.

Herr Prof. Dr. Caspar (Hamburg) wies auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Januar 2010 (Az.: 7 K 539/08) zur Verfassungsmäßigkeit einer Bereichsausnahme für Informationen der Arbeitsgruppe Scientology hin. Er problematisierte im Übrigen, dass die Resonanz auf das Hamburger IFG nach seiner Einschätzung bisher sehr niedrig sei, und berichtete, dass deshalb über eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit versucht werden soll, das Hamburger IFG bekannter zu machen. So habe man z.B. den Deutschen Journalistenverband, die Rechtsanwaltskammer, die Stiftungen der politischen Parteien, die IHK sowie die Volkshochschulen mit einem Flyer angeschrieben, um über Existenz und Nutzbarkeit des IFG aufzuklären. Herr Prof. Dr. Caspar regte an, die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich auch durch Kooperation unter den Informationsfreiheitsbeauftragten zu verstärken.

Herr Lepper (NRW) berichtete, dass das „Nachfragevolumen“ in NRW nicht sehr hoch sei. Zumeist entschieden die öffentlichen Stellen zugunsten der Antragsteller. Zusätzlicher Druck zur Herausgabe werde dadurch erreicht, dass der Antragsteller über die Korrespondenz des LDI NRW mit der angefragten Stelle informiert werde.

Frau Hartge (Brandenburg) kündigte das nächste Internationale Symposium zur Informationsfreiheit in Brandenburg für Ende Mai 2011 an. Als Thema sei die Verbraucherinformation vorgesehen, wobei in einem Unterpunkt die intelligenten Energieversorgungsnetze erörtert würden.

Frau Dr. Sommer (Bremen) berichtete über den Stand der Evaluierungen des Informationsfreiheitsgesetzes in Bremen. Die Ergebnisse werden auf der Fachtagung in Schwerin am 5. Juli 2010 vorgetragen. Sie teilte mit, dass es eine Senatsvorlage zur Änderung des Gesetzes gebe. Diesbezüglich habe sie Änderungen bzw. Ergänzungen im Bereich der Abwägung mit Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen angeregt. Frau Dr. Sommer berichtete von einer geplanten Datenbank, in der der Senat über ausgereichte Zuwendungen informieren will. Um zu verhindern, dass sich Unternehmen auf schutzwürdige Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse berufen, habe sie empfohlen, künftig vor Erteilung des Zuwendungsbescheids die Einwilligung der Unternehmen zur Veröffentlichung einzuholen. Herr Schaar (Bund) berichtete, dass die Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit auf ein großes Medien-Echo gestoßen sei. Er teilte mit, dass es eine Stellenverstärkung im Bereich Informationsfreiheit in seinem Haus gebe. Es werde nunmehr eine Referatsleitung im Bereich IFG eingesetzt. Herr Schaar berichtete über die schwebenden Diskussionen zur Evaluationsbedürftigkeit des Bundes-IFG im Innenausschuss und teilte mit, dass der BfDI eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation favorisiere. Zudem hat der BfDI ein Forschungsvorhaben zum Thema „Informationsfreiheit und Betriebs-/Geschäftsgeheimnisse“ geplant. Derzeit sei man mit verschiedenen Instituten im Gespräch. Über das Ergebnis werde der BfDI zu gegebener Zeit informieren.

Herr Schunath (Saarland) berichtete, dass als neue Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit im Saarland Frau Judith Thieser gewählt wurde. Zudem berichtete er über den Stand der Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes.

Zu den Entwicklungen auf europäischer Ebene berichtete Herr Dr. Dix (Berlin), dass der Vertrag von Lissabon eine erweiterte Regelung zum Zugang zu Informationen in der EU enthalte und dieser erweiterte Zugang durch die Verordnung über den Zugang zu Informationen bei EU-Organen nicht abgedeckt wird. Deshalb wird derzeit diskutiert, ob die Verordnung überarbeitet werden soll. Die EU-Kommission hat sich dagegen ausgesprochen. Das EU-Parlament will den Zugangsanspruch auf sämtliche Agenturen und Beiräte (z.B. auch Europol) erstrecken. Derzeit wird im Innenausschuss des EU-Parlaments, dem LIBE-Ausschuss, verhandelt. Es besteht nach wie vor keine gemeinschaftsrechtliche Grundlage zur Regelung der Informationsfreiheit in den Mitgliedstaaten. Zum Stand der Ratifizierung der Europaratskonvention (sog. Tromsö-Konvention) wurde eine Tischvorlage verteilt (siehe Anlage 5). Bisher sind noch nicht die für das Inkrafttreten der Konvention erforderlichen zehn Ratifizierungen erreicht. Deutschland hat die Konvention nicht unterzeichnet.

TOP 7: Verschiedenes

Die Konferenz hat gegen die Internet-Veröffentlichung des Protokolls des Arbeitskreises Informationsfreiheit (AKIF) vom 14. Juni 2010 keine Einwände.

Frau Hartge (Brandenburg) übernahm den Konferenzvorsitz für das zweite Halbjahr 2010. Sie teilte mit, dass die Sitzung des AKIF am 2./3. November 2010 in Kleinmachnow stattfindet.

Die nächste Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland tagt (ebenfalls in Kleinmachnow) am Montag, 13. Dezember 2010 (ab 11 Uhr).

Dr. Alexander Dix

TOP 1: IFG und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten

Die Entschließung wurde von Vertretern des LfDI Hamburg entworfen und dann mit dem BlnBDI sowie mit der Vorsitzenden des AK Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, Frau Hartge (Brandenburg), abgestimmt. Sie hatte angeregt, in der Entschließung zu verdeutlichen, dass die Informationsfreiheitsbeauftragten nicht in das Medienprivileg eingreifen.

Die Entschließung wurde in der Konferenz einstimmig angenommen (siehe Anlage 3).

TOP 2: Stand der Evaluierung des VIG / Zusammenfassung der Auskunftsrechte, Vereinheitlichung der Gebühren (IFG, VIG, UIG)

Herr Schaar (Bund) berichtete, dass im Innenausschuss derzeit eine Evaluierung des Bundes- IFG zwischen den Fraktionen diskutiert werde. Der BfDI habe dazu eine Stellungnahme verfasst. Herr Schaar sagte zu, diese im Nachgang zur Sitzung der IFK an die Teilnehmenden zu versenden.

Herr Schaar teilte mit, dass der BfDI – wie zuvor im AKIF vereinbart – einen ersten Entwurf einer Stellungnahme der IFK zu dem im Mai 2010 veröffentlichten Bericht der Bundesregierung über die Ergebnisse der Evaluation des VIG erarbeiten und diesen bis Mitte Juli 2010 an die Länder versenden werde.

Die Konferenz erörterte in Grundzügen, welche Aspekte in der Stellungnahme berücksichtigt werden sollten, und verständigten sich auf die wesentlichen Eckpunkte:

Zunächst wurde diskutiert, ob die IFK fordern soll, dass die Zuständigkeit der Informationsfreiheitsbeauftragten bei einer Zusammenfassung der Zugangsrechte explizit gesetzlich festgelegt wird. Dabei wurde problematisiert, dass für den Fall, dass diese Forderung nicht aufgegriffen bzw. die Zusammenlegung der Zugangsrechte nicht vollzogen wird, eine negative Auswirkung auf die in vielen Ländern faktisch übernommene Zuständigkeit in den Bereichen UIG und VIG nicht auszuschließen sei. Es wurde vereinbart, dies im Rahmen der Abstimmung über den Entwurf einer Stellungnahme zum Evaluierungsbericht erneut zu thematisieren.

Die Konferenz diskutierte, ob eine Bezugnahme auf die in dem Bericht der Bundesregierung vorgeschlagene Option 1 (sog. „große Lösung“) sinnvoll sei. Die Schaffung eines bundesweit einheitlichen Informationszugangsgesetzes wurde überwiegend nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer zweifelhaften Bundesgesetzgebungskompetenz für unrealistisch gehalten. Man verständigte sich deshalb darauf, dass sich die Stellungnahme der IFK an der Option 2 („Modellgesetz“) orientieren sollte. Danach soll der Bund horizontal die drei Zugangsrechte aus VIG, UIG und IFG in einem Gesetz zusammenführen und spezialgesetzlich darüber hinausgehende Zugangsansprüche unberührt lassen. Dieses Gesetz kann dann als Vorbild für die Länder dienen.

Die Konferenz erörterte die Zugangsrechte zu weiteren verbraucherrelevanten Bereichen. Dabei wurde besprochen, dass Zugangsrechte im Bereich der Tätigkeit des BSI, der Arzneimittelaufsicht, der Finanzdienstleistungsaufsicht sowie in den Bereichen der Energieinformations- und Telekommunikationsnetze in der Stellungnahme thematisiert werden sollen.

Es wurde vorgeschlagen, in die Stellungnahme als Randnotiz aufzunehmen, dass die Informationsfreiheitsbeauftragten die generelle Ausklammerung von Privatunternehmen aus dem Anwendungsbereich des IFG kritisieren.

Herr Dr. Dix (Berlin) machte die Teilnehmenden auf das „Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht“ aufmerksam. Dieses wird u.a. von Herrn Schaar und Herrn Dr. Dix herausgegeben. Zurzeit wird die Ausgabe für das Jahr 2010 erarbeitet. Herr Dr. Dix ermunterte die Kolleginnen und Kollegen, Beiträge über Probleme aus der Praxis für das Jahrbuch zu schreiben bzw. „einzuwerben“.

Exkurs: „Stresstests“ von Banken

Aus aktuellem Anlass berichtete Herr Dr. Dix (Berlin) über den Beschluss in der EU, die Ergebnisse sogenannter „Stresstests“ von Banken, bei denen die Belastbarkeit der Finanzinstitute gemessen wird, zusammen mit den nach dem Test als notwendig erkannten Hilfsmaßnahmen nach europaweit einheitlichen Kriterien zu veröffentlichen.

Herr Dr. Dix (Berlin) schlug vor, dass dieses Vorgehen als positiver Schritt in der Pressemitteilung über die IFK-Sitzung Erwähnung finden sollte. Die Konferenz hielt dies insbesondere vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussion über die Zugangsrechte bei Informationen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für sinnvoll.

TOP 3: Neuregelung der ARGEn / § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II-Entwurf

In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Bundestages vom 16. Juni 2010 (BT-Drs. 17/2188) ist der Gesetzentwurf zur Neuregelung der ARGEn dahingehend ergänzt worden, dass sich der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber der gemeinsamen Einrichtung nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes richtet. Diese Regelung gilt nicht für Options-Kommunen, die nach wie vor die Informationsfreiheitsgesetze der Länder zu beachten haben.

TOP 4: Wikileaks, Legalleaks, „Befreite Dokumente“ und ähnliche Initiativen

Herr Dr. Dix (Berlin) erläuterte kurz das Konzept von Wikileaks (bekannt durch die Veröffentlichung eines Videos der amerikanischen Streitkräfte aus dem Irak-Krieg) und berichtete von einer Entschließung des isländischen Parlaments für ein neues Gesetz zur Medien-und Datenfreiheit. Durch diesen Beschluss erhalte das Konzept von Wikileaks in Island eine staatliche Billigung. Anstoß für den Beschluss des isländischen Parlaments hat die sog. „Icelandic Modern Media Initiative“ (IMMI) gegeben, hinter der unter anderen auch Vertreter von Wikileaks stehen. Der Beschluss sieht insbesondere eine Verbesserung des Schutzes von Quellen und „Whistleblowern“ sowie eine enge Verzahnung mit dem isländischen Informationsfreiheitsgesetz vor. Zugangsrechte nach dem Informationsfreiheitsrecht sollen nicht durch absolute Ausnahmetatbestände eingeschränkt, sondern sämtlich unter den Vorbehalt der Interessenabwägung gestellt werden. Der Entwurf der Entschließung ist auf Englisch im Internet abrufbar (siehe http://immi.is/ ).

Die Konferenz tauschte sich grundsätzlich über das isländische Konzept aus. Dabei wurden zunächst die isländischen Ansätze zur Erweiterung des Informationsfreiheitsrechts erörtert. Frau Dr. Sommer (Bremen) sah eine Parallele zu dem in Bremen bestehenden zentralen Informationsregister, in welchem Dokumente, die zu veröffentlichen sind, und Dokumente, die die Verwaltung veröffentlichen will, zur Verfügung gestellt werden. Sie befürwortete die Idee, dass in einem vergleichbaren Portal von Bürgerinnen und Bürgern pro-aktiv Dokumente in ein Tool eingestellt werden können, deren Veröffentlichung aber von der öffentlichen Hand gesteuert wird. Dies hätte den Vorteil, dass die Dokumente über eine zuverlässige technische Infrastruktur (Thesaurus) recherchierbar wären. Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete, dass die Regierung in England dazu übergegangen ist, Dokumente in ein Portal öffentlich einzustellen, das dem Nutzer einen assoziativen Zugang zu den Veröffentlichungen ermöglicht. So könnten die Nutzer z.B. Zusammenhänge herstellen, die vor der Suche noch gar nicht in Betracht gezogen wurden und nach denen auch nicht konkret recherchiert wurde (zur „OpenGovernment“- bzw. „Open-Data“-Bewegung vergleiche
www.data.gov.uk,
www.netzpolitik.org/tag/opengovernment,
www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,704878,00.html).

Für problematisch hielt die Konferenz einen strikten Schutz der Anonymität von „Whistleblowern“. In diesem Zusammenhang wurde auf die Gefahr der Verleumdung und weltweiten öffentlichen Bloßstellung hingewiesen (z.B. die Veröffentlichung von Dokumenten bei Wikileaks über den Gesundheitszustand von Steve Jobs und die Behauptung, dieser sei HIV-positiv). Herr Dr. Weichert (Schleswig-Holstein) begrüßte den Ansatz, dass der speziell im Bereich des Presserechts geltende Quellenschutz an technische Gegebenheiten angepasst und Informationsportale entsprechend rechtlich geschützt werden. Die Konferenz erörterte zudem den Ansatz eines generellen Abwägungsvorbehalts bei Ausnahmetatbeständen. Herr Lepper (NRW) gab zu bedenken, dass es nicht unproblematisch sei, wenn eine Abwägung von Interessen nicht auch legislatorisch entschieden werden könne, sondern immer einer nachgeschalteten Einzelfallabwägung zugänglich gemacht werde.

In der weiteren Diskussion wurde insbesondere problematisiert, ob der Staat eine Erweiterung des Informationszuganges auch außerhalb des gesetzlich geschaffenen Bereichs bzw. über eine zentralisierte Zurverfügungstellung von „befreiten Dokumenten“ hinaus unterstützen sollte. Dabei wurde erörtert, ob eine staatliche Teilnahme an solchen Portalen befürwortet werden könne, die die Veröffentlichung von sämtlichen Dokumenten vorsehe, z.B. auch solchen, die nicht auf legalem Weg zugänglich sind. Die Konferenz war der Ansicht, dass staatliche Stellen bei der Unterstützung solcher Konzepte eher zurückhaltend sein sollten. Die Informationsportale stammten von privaten Initiativen und unterlägen dem „freien Spiel der Kräfte“, d.h. sie seien eher ethischen und weltanschaulichen Vorstellungen als rechtlichen Wertungen unterworfen. Zudem würden auch Informationen zu Privaten veröffentlicht. Staatliche Stellen hingegen müssten die Gesetze beachten, so dass Konflikte, z.B. auch vor dem Hintergrund von möglichen Verletzungen von Persönlichkeitsrechten, nicht immer zugunsten der Transparenz aufgelöst werden könnten. Mit einer Befürwortung der Veröffentlichung von „nicht befreiten Dokumenten“ würden zwangsläufig auch rechtswidrige Beschaffungswege abgesegnet.

Die Konferenz hielt es für sinnvoll, das Thema insgesamt in der öffentlichen Diskussion voranzubringen. Dabei sollten nicht allein Fragen eines zentralisierten Serviceportals erörtert, sondern insbesondere auch Portale wie Wikileaks unter dem Gesichtspunkt Datenschutz kontra Informationsfreiheit thematisiert werden. Herr Schaar (Bund) schlug vor, ggf. im Rahmen eines Informationsfreiheitssymposiums im kommenden Jahr die Thematik aufzugreifen und breiter zu diskutieren.

TOP 5: „Eichmann-Beschluss“ des Bundesverwaltungsgerichts

Herr Dr. Dix (Berlin) nahm Bezug auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. April 2010 („Eichmann-Beschluss“, Az.: 7 A 6.08). Das Gericht hatte festgestellt, dass ein Pauschalverweis auf eine Sperrvorschrift nicht ausreicht, um die Vorlage von Dokumenten im Rechtsstreit zu verweigern, und daraufhin das In-Camera-Verfahren angeordnet. Herr Dr. Dix berichtete, dass die Historiker darüber klagten, dass die Tendenz bei den Archiven bestehe, eher mehr als zu wenig geheim zu halten. Vor diesem Hintergrund machte er auf eine Pressemeldung aufmerksam, nach der ein Historiker errechnet haben soll, dass ca. 7,5 Millionen Geheimakten in den Archiven des Bundes lagern (abrufbar unter http://www.heise.de/newsticker/meldung/Historiker-Bund-haelt-7-5-Millionen-Akten-geheim-1025712.html)

Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete, dass es 2007 Gespräche zwischen den Informationsfreiheitsbeauftragten und der AG der Archivleiter gegeben habe. Dabei haben die Informationsfreiheitsbeauftragten insbesondere die „abfallende Transparenz“ von Unterlagen problematisiert: Es bestünde grundsätzlich ein voraussetzungsloser Zugangsanspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen für Dokumente, die in der Verwaltung benötigt werden bzw. dort vorhanden sind; sobald die Dokumente allerdings archiviert sind, unterlägen sie dem Rechtsregime der Archivgesetze und den dort geltenden Sperrfristen. Die Informationsfreiheitsbeauf- tragten hatten deshalb eine materielle Harmonisierung der Archivgesetze und der Informationsfreiheitsgesetze angestrebt. Die Archivare hatten ein Bedürfnis für eine Angleichung der Vorschriften mit der Begründung einer unterschiedlichen Aufgabenstellung abgelehnt. In der Praxis kommt es allerdings kaum zu Konfliktfällen, da die Archivare Dokumente, zu denen nach dem Informationsfreiheitsrecht schon einmal Zugang bestanden hat, regelmäßig auch nach dem Archivrecht herausgeben.

Die Konferenz hält eine Wiederaufnahme der Gespräche mit den Archivaren anlässlich des Gerichtsbeschlusses für nicht notwendig. Es bestand Einigkeit, dass der weitere Aspekt der Entscheidung, d.h. die Anordnung eines In-Camera-Verfahrens, stärker in die Öffentlichkeit getragen werden sollte. Zwar betreffe die Entscheidung das Archivrecht. Die Konstellation sei aber mit solchen im Informationsfreiheitsrecht vergleichbar.

TOP 6: Aktuelle (sonstige) Berichte (Bund / Länder)

Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete vom aktuellen Stand der Änderungen des Berliner IFG. Der gemeinsame Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zur Änderung des IFG werde voraussichtlich im Innenausschuss Ende Juni beschlossen. Im Wesentlichen haben öffentliche Stellen beim Abschluss von Verträgen künftig sicherzustellen, dass die Bestimmungen des Vertrages dem Informationsfreiheitsgesetz nicht entgegenstehen. Bei Altverträgen, in denen ggf. Vertraulichkeitsvereinbarungen enthalten sind, muss die öffentliche Stelle nachverhandeln und auf diesem Wege versuchen, eine Freigabe für die Dokumente vom Vertragspartner zu erhalten. Kann innerhalb von sechs Monaten nach Zugang der Aufforderung zur Nachverhandlung keine Einigung erzielt werden, wird Akteneinsicht oder Aktenauskunft gewährt, wenn das Informationsinteresse das private Geheimhaltungsinteresse erheblich überwiegt. Darüber hinaus beinhaltet der Änderungsentwurf, dass die Verträge aktiv zu veröffentlichen sind, wenn ein öffentliches Informationsinteresse besteht. Dem BlnBDI wird zuvor die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. [Zwischenzeitlich hat das Abgeordnetenhaus von Berlin die IFG-Änderungen beschlossen, siehe Anlage 4.]

Herr Dr. Dix (Berlin) berichtete zudem über die geplante Veröffentlichung von öffentlichen Zuwendungen an Sozialträger in einer zentralen Datenbank und wies auf die Tätigkeiten einer privaten Initiative hin (die „transparente Zivilgesellschaft“: (www.transparente-zivilgesellschaft.de), deren Mitglieder (d.h. im Sozialbereich tätige Stellen) sich einer eigenen Veröffentlichungspraxis unterwerfen.

Herr Dr. Weichert (Schleswig-Holstein) berichtete, dass in der Koalitionsvereinbarung in Schleswig-Holstein eine Zusammenlegung von UIG und IFG vereinbart ist. Diese wird vom Umweltministerium abgelehnt, weil dann beim Umweltministerium keine Zuständigkeit für Umweltinformationsansprüche mehr bestände. Das ULD habe eigene Vorschläge zur Umsetzung gemacht und berate auf dieser Grundlage die Fraktionen.

Herr Dr. von Bose (Sachsen-Anhalt) berichtete, dass der Entwurf des neuen Stiftungsgesetzes (LT-Drs. 5/2651) nunmehr im Landtag vorliege. Der Entwurf nehme Unterlagen zu Genehmigungen über Stiftungen des bürgerlichen Rechts vom Zugangsanspruch nach dem IZG LSA aus. Zudem sei das Ausführungsgesetz zum VIG in das Landesparlament eingebracht (LT- Drs. 5/2652). Herr Dr. von Bose wies darauf hin, dass im Herbst 2010 sein Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsrecht erscheine. Er berichtete zudem über die mündliche Verhandlung des BVerfG zum Gentechnikgesetz am 23. Juni 2010 in Karlsruhe, bei welcher das Standortregister von gentechnisch veränderten Organismen verhandelt wurde. Auch wies Herr Dr. von Bose darauf hin, dass sich die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof in dem Vorlageverfahren (Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden -6 K 1045/08.WI -) gegen die Veröffentlichung von Subventionsempfängern ausgesprochen habe.

Frau Schäfer (Mecklenburg-Vorpommern) berichtete, dass der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit in Mecklenburg-Vorpommern den zweiten selbständigen Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit erstellt habe, der am 1. Juli 2010 der Presse vorgestellt wird. Auf Nachfrage erläuterte Frau Schäfer, dass der dritte Teil der Evaluierung des IFG vom Landtag abgelehnt worden sei. Konkrete Vorschläge zur Novellierung sollen nun vom Landesbeauftragten gemacht werden. Außerdem wies Frau Schäfer auf die Fachtagung am 5. Juli 2010 in Schwerin hin und berichtete von folgendem Sachverhalt: Ein Strafgefangener hatte Zugang zu der Information verlangt, wie viele Polizeikräfte beim Besuch des damaligen US-Präsidenten George W. Bush aus anderen Bundesländern zur Verfügung gestellt wurden. Der Antrag sei vom Innenministerium abgelehnt worden, woraufhin der Antragsteller geklagt habe. Die mündliche Verhandlung sei für den 27. August 2010 anberaumt.

Herr Prof. Dr. Caspar (Hamburg) wies auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Januar 2010 (Az.: 7 K 539/08) zur Verfassungsmäßigkeit einer Bereichsausnahme für Informationen der Arbeitsgruppe Scientology hin. Er problematisierte im Übrigen, dass die Resonanz auf das Hamburger IFG nach seiner Einschätzung bisher sehr niedrig sei, und berichtete, dass deshalb über eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit versucht werden soll, das Hamburger IFG bekannter zu machen. So habe man z.B. den Deutschen Journalistenverband, die Rechtsanwaltskammer, die Stiftungen der politischen Parteien, die IHK sowie die Volkshochschulen mit einem Flyer angeschrieben, um über Existenz und Nutzbarkeit des IFG aufzuklären. Herr Prof. Dr. Caspar regte an, die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich auch durch Kooperation unter den Informationsfreiheitsbeauftragten zu verstärken.

Herr Lepper (NRW) berichtete, dass das „Nachfragevolumen“ in NRW nicht sehr hoch sei. Zumeist entschieden die öffentlichen Stellen zugunsten der Antragsteller. Zusätzlicher Druck zur Herausgabe werde dadurch erreicht, dass der Antragsteller über die Korrespondenz des LDI NRW mit der angefragten Stelle informiert werde.

Frau Hartge (Brandenburg) kündigte das nächste Internationale Symposium zur Informationsfreiheit in Brandenburg für Ende Mai 2011 an. Als Thema sei die Verbraucherinformation vorgesehen, wobei in einem Unterpunkt die intelligenten Energieversorgungsnetze erörtert würden.

Frau Dr. Sommer (Bremen) berichtete über den Stand der Evaluierungen des Informationsfreiheitsgesetzes in Bremen. Die Ergebnisse werden auf der Fachtagung in Schwerin am 5. Juli 2010 vorgetragen. Sie teilte mit, dass es eine Senatsvorlage zur Änderung des Gesetzes gebe. Diesbezüglich habe sie Änderungen bzw. Ergänzungen im Bereich der Abwägung mit Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen angeregt. Frau Dr. Sommer berichtete von einer geplanten Datenbank, in der der Senat über ausgereichte Zuwendungen informieren will. Um zu verhindern, dass sich Unternehmen auf schutzwürdige Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse berufen, habe sie empfohlen, künftig vor Erteilung des Zuwendungsbescheids die Einwilligung der Unternehmen zur Veröffentlichung einzuholen. Herr Schaar (Bund) berichtete, dass die Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit auf ein großes Medien-Echo gestoßen sei. Er teilte mit, dass es eine Stellenverstärkung im Bereich Informationsfreiheit in seinem Haus gebe. Es werde nunmehr eine Referatsleitung im Bereich IFG eingesetzt. Herr Schaar berichtete über die schwebenden Diskussionen zur Evaluationsbedürftigkeit des Bundes-IFG im Innenausschuss und teilte mit, dass der BfDI eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation favorisiere. Zudem hat der BfDI ein Forschungsvorhaben zum Thema „Informationsfreiheit und Betriebs-/Geschäftsgeheimnisse“ geplant. Derzeit sei man mit verschiedenen Instituten im Gespräch. Über das Ergebnis werde der BfDI zu gegebener Zeit informieren.

Herr Schunath (Saarland) berichtete, dass als neue Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit im Saarland Frau Judith Thieser gewählt wurde. Zudem berichtete er über den Stand der Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes.

Zu den Entwicklungen auf europäischer Ebene berichtete Herr Dr. Dix (Berlin), dass der Vertrag von Lissabon eine erweiterte Regelung zum Zugang zu Informationen in der EU enthalte und dieser erweiterte Zugang durch die Verordnung über den Zugang zu Informationen bei EU-Organen nicht abgedeckt wird. Deshalb wird derzeit diskutiert, ob die Verordnung überarbeitet werden soll. Die EU-Kommission hat sich dagegen ausgesprochen. Das EU-Parlament will den Zugangsanspruch auf sämtliche Agenturen und Beiräte (z.B. auch Europol) erstrecken. Derzeit wird im Innenausschuss des EU-Parlaments, dem LIBE-Ausschuss, verhandelt. Es besteht nach wie vor keine gemeinschaftsrechtliche Grundlage zur Regelung der Informationsfreiheit in den Mitgliedstaaten. Zum Stand der Ratifizierung der Europaratskonvention (sog. Tromsö-Konvention) wurde eine Tischvorlage verteilt (siehe Anlage 5). Bisher sind noch nicht die für das Inkrafttreten der Konvention erforderlichen zehn Ratifizierungen erreicht. Deutschland hat die Konvention nicht unterzeichnet.

TOP 7: Verschiedenes

Die Konferenz hat gegen die Internet-Veröffentlichung des Protokolls des Arbeitskreises Informationsfreiheit (AKIF) vom 14. Juni 2010 keine Einwände.

Frau Hartge (Brandenburg) übernahm den Konferenzvorsitz für das zweite Halbjahr 2010. Sie teilte mit, dass die Sitzung des AKIF am 2./3. November 2010 in Kleinmachnow stattfindet.

Die nächste Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland tagt (ebenfalls in Kleinmachnow) am Montag, 13. Dezember 2010 (ab 11 Uhr).

Dr. Alexander Dix

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